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Scheinwahlen in Belarus Belarus bleibt Lukaschenkos Geisel

Scheinwahlen in Belarus Belarus bleibt Lukaschenkos Geisel
Alexander Lukaschenko hat sich mit 87 Prozent der Stimmen wiederwählen lassen. Es ist eine Machtdemonstration.

Alexander Lukaschenko ist seit 31 Jahren in Belarus an der Macht und darf sich auf 5 weitere Jahre freuen: Das Resultat war bereits im Vorhinein bekannt, das gaben selbst seine vermeintlichen Gegenkandidaten in der Präsidentschaftswahl zu.

Lukaschenko zu Sieger der Präsidentenwahl erklärt

Alexander Lukaschenko ist nun auch offiziell als Präsident bestätigt. Die staatliche Nachrichtenagentur Belta schreibt: Laut der belarussischen Wahlkommission hat Lukaschenko fast 87 Prozent der Stimmen geholt. Der 70-jährige regiert Belarus seit über 30 Jahren mit harter Hand.

Sie gingen sogar weiter und unterstützten den Bisherigen offen. Der Wahlslogan eines Kandidaten lautete «Nicht anstelle von Lukaschenko, sondern mit Lukaschenko!» All das bestärkt, was internationale Beobachter seit Jahren über Wahlen in Belarus sagen: Es ist eine Scheinwahl.

Der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko gibt in einem Wahllokal in Minsk seine Stimme ab. Nach mehr als 30 Jahren an der Macht wird er sich erwartungsgemäss zum siebten Mal als Wahlsieger ausrufen können. Reuters / Evgenia Novozhenina

Entsprechend ist von einem Wahlkampf oder Begeisterung dafür wenig zu spüren. In zahlreichen Wahllokalen, wie etwa in der Mittelschule 109 im Südosten von Minsk, locken Konzerte belarussischer Schlagerstars sowie ein Buffet mit stark vergünstigten Lebensmitteln die Menschen an die Urne.

Wählen aus Gruppendruck

Ein zwar stetes, aber dünnes Rinnsal an Menschen schaut vorbei, um ihre Stimme abzugeben. Es sind vor allem ältere Leute. Darauf angesprochen, was ihre Wahl motiviert habe, haben viele keine Antwort: «Ich bin wählen gekommen, weil es alle anderen auch tun.» Wer in Belarus nicht freiwillig wählt, wird oft dazu genötigt: Seit Jahren werden Staatsangestellte am Arbeitsplatz und Studierende im Wohnheim unter Druck gesetzt, an den Wahlen teilzunehmen.

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    In Belarus fanden am Sonntag Präsidentschaftswahlen statt. Die Zentrale Wahlkommission war im Palast der Republik einquartiert. SRF / Calum MacKenzie
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    In der Turnhalle der Mittelschule 109 in Minsk wurden Wahlkabinen und das Wahlbüro eingerichtet. SRF / Calum MacKenzie
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    Die Bürgerinnen und Bürger, die zur Wahl kommen, können sich an einem Buffet mit stark vergünstigten Lebensmitteln verpflegen. SRF / Calum MacKenzie
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    Die Menschen lassen sich am Wahlsonntag von einem Buffet anlocken. SRF / Calum MacKenzie
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    Für die Unterhaltung nach der Wahl gibt es Aufführungen von Schulkindern. SRF / Calum MacKenzie
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    Schlagersängerinnen unterhalten die Leute, die im Wahllokal ihre Stimme abgegeben haben. SRF / Calum MacKenzie

Das Schauspiel soll vor allem eines bewirken: Kein belarussischer Apparatschik, keine Oppositionelle, kein Kreml-Funktionär und keine EU-Abgeordneten sollen noch daran zweifeln, dass Alexander Lukaschenko wieder fest im Sattel sitzt. Nach den letzten Scheinwahlen im Jahr 2020 brachten die Proteste hunderttausender Belarussinnen und Belarussen das Regime ernsthaft in Bedrängnis.

Davon ist heute nichts mehr zu spüren: Lukaschenko hat mit Russlands Hilfe und mit systematischer Gewalt die Demokratiebewegung zerschlagen. 60'000 Menschen wurden festgenommen, noch viele mehr sind ausgewandert. Wer geblieben ist, lebt in konstanter Angst: Angst davor, beschattet, überwacht und abgehört zu werden, Angst vor einer willkürlichen Festnahme und der Folter, die folgt, wenn die Beamten regierungskritische Nachrichten im Mobiltelefon finden.

Massenproteste sind verstummt

Bei den letzten Präsidentschaftswahlen 2020 in Belarus sammelten sich die Regimekritikerinnen im Land hinter der Kandidatur von Swetlana Tichanowskaja. Tichanowskaja, die Frau eines inhaftierten Oppositionellen und neu in der Politik, schaffte es, Menschen im ganzen Land zu mobilisieren – was Alexander Lukaschenkos Apparat nicht erwartet hatte, als man sie zur Wahl zuliess.

Als Lukaschenko trotzdem seinen üblichen Erdrutschsieg verkünden liess, gingen hunderttausende Menschen in Belarus auf die Strasse. Monatelang schien Lukaschenkos Regime auf der Kippe zu stehen. Mit der Zeit jedoch liessen die Proteste nach, nachdem der Langzeitherrscher die Unterstützung Russlands zugesichert bekommen hatte und seinen Sicherheitskräften einen Blankoscheck erteilt hatte, um die Oppositionsbewegung zu ersticken. Bis heute schätzen Menschrechtlerinnen die Zahl der politisch Inhaftierten in Belarus auf über 1000 Menschen – mit einer hohen Dunkelziffer.

«Es ist wie in einem Aquarium zu leben, ohne Luft», sagt ein Demonstrant von 2020, der noch in Minsk lebt. «Ich versuche, nirgends aufzufallen, rede mit niemandem mehr über Politik.» Bis heute werden in Belarus Menschen verhaftet, die verdächtigt werden, vor bald 5 Jahren an den Protesten teilgenommen zu haben.

Die Angst vor Russland geht um

Doch die Hoffnung auf ein demokratisches Belarus, die so viele einst hegten, ist auch aus anderen Gründen verschwunden. Spätestens mit dem Grossangriff auf die Ukraine hat Russland bewiesen, dass es zu allem bereit ist, um seine Nachbarn unter Kontrolle zu halten. Wie die Ukraine sehen die Ideologen im Kreml Belarus als wenig mehr als russisches Land unter einem anderen Namen. Eine neue, offenere Regierung in Belarus, wie sie sich so viele Menschen wünschten, hätte Moskau nie akzeptiert.

Diese Erkenntnis spielt Lukaschenko in die Karten. Wäre er nicht gewesen, würden Zustände wie in der Ukraine herrschen, sagt er. Während er Russland als treusten Freund des Landes lobt, droht er seinem Volk mit dem Bild russischer Bomben. «Hauptsache, es gibt keinen Krieg», sagt eine Frau im Wahllokal in der Minsker Mittelschule 109, die den Bisherigen gewählt hat. So bleibt Belarus Lukaschenkos Geisel.

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