Was US-Zölle für Berlin und Brandenburg bedeuten könnten
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Trumps Handelskrieg und seine Folgen - Was US-Zölle für Berlin und Brandenburg bedeuten könnten
Di 11.02.25 | 09:10 Uhr
dpa/Jacquelyn Martin
Erst hat US-Präsident Trump Zölle gegen Kanada, Mexiko und China verhängt, nun trifft es auch die EU und Deutschland. Was könnten neue US-Zölle für Berlin und Brandenburg bedeuten? Von Efthymis Angeloudis
Womöglich muss man sich daran gewöhnen, das laut Donald Trump "schönste Wort im Lexikon" demnächst viel häufiger zu hören. Vielleicht sollte man auch so etwas wie eine Resistenz entwickeln, denn es ist schon in aller Munde – Zölle, Zölle, Zölle.
Vor allem gegenüber all denjenigen Ländern, von denen sich die USA "unfair" behandelt fühlen. Und auch wenn sich der Zorn Trumps - in Form von Zöllen - als erstes auf seine Nachbarn Mexiko und Kanada und im zweiten Anlauf gegenüber China richtet, scheint er Deutschland und die EU nicht außen vor zu lassen.
Bereits vor seiner erneuten Amtseinführung hatte Trump von zusätzlichen Zöllen für europäische Produkte in Höhe von bis zu 20 Prozent gesprochen. Nun macht er ernst und will Stahl- und Aluminiumimporte in die Vereinigten Staaten mit Zöllen von 25 Prozent belegen [tagesschau.de]. Das könnte das die Wirtschaft in Berlin und Brandenburg besonders hart treffen.
Wichtig für Brandenburg - erst recht für Berlin
Denn die Vereinigten Staaten sind der wichtigste Exportmarkt für Unternehmen in Berlin. "Das Ausfuhrvolumen Berlins in die USA steht 2023 mit 1,53 Milliarden Euro an allererster Stelle. Damit sind die USA der wichtigste Berliner Exportmarkt", sagt IHK-Präsidentin Manja Schreiner im Gespräch mit rbb|24. "Angenommen es werden Zölle von 10 bis 15 Prozent erhoben. Das würde für Berlin eine Exporteinbuße in Höhe von circa 105 bis 158 Millionen Euro pro Jahr bedeuten", sagt die frühere Berliner Verkehrssenatorin.
Für die Brandenburger Wirtschaft sind die USA nach den Niederlanden, Polen und Belgien der viertwichtigste Exportmarkt. Hier setzen aber auch andere Faktoren der märkischen Wirtschaft zu. "Die Zölle sind insofern ungünstig, weil man gerade im industriellen Bereich beim B2B-Geschäft [Unternehmen zu Unternehmen, Anm. d. Red.] immer auf die Preise guckt", erklärt Silke Schwabe von der IHK Cottbus. Die Produkte von Brandenburgs Maschinenbauern, Pharmaunternehmen und Kfz-Zulieferern würden auf dem US-Markt teurer werden und an Wettbewerbsfähigkeit verlieren. "Und das kann natürlich Auswirkungen hier haben." Besonders jetzt, wo sich die ostdeutsche Wirtschaft laut Ifo-Institut ohnehin im Sinkflug befindet.
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Fokus auf die Handelsbilanz-Ungleichgewichte
"Die EU ist sehr schlecht für uns", schimpfte US-Präsident Trump zuletzt. "Sie behandeln uns sehr schlecht. Sie nehmen uns weder unsere Autos noch unsere landwirtschaftlichen Produkte ab. Eigentlich nehmen sie uns überhaupt nicht viel ab." Trump hob dabei besonders das Handelsdefizit mit Deutschland hervor.
"Trump fokussiert immer ganz stark auf die Handelsbilanz-Ungleichgewichte", sagt Sabine Stephan von der Hans-Böckler-Stiftung. Das habe er schon bei Kanada und Mexiko gemacht, obwohl das die wichtigsten Handelspartner der USA seien. Und das werde er auch mit Deutschland und der EU machen. "Deutschland hat einen sehr großen Handelsbilanzüberschuss mit den USA und Trumps Narrativ ist, ein Land das einen Überschuss hat, profitiert vom Handel - das Land, das ein Defizit hat, das profitiert nicht vom Handel."
US-Importe stiegen 2023 deutlich an
Die Zahlen geben ihm auch zumindest in der Bilanz für Berlin und Brandenburg recht. 348 Millionen Euro für Berlin und 223 Millionen für Brandenburg: So viel mehr exportierten die beiden Bundesländer 2023 in die USA, als sie im Gegenzug zurückimportierten.
Aber das Defizit der USA war schon mal weitaus größer, wie Silke Schwabe von der IHK Cottbus erklärt. "2022 hatte Brandenburg Importe im Wert von einer Milliarde Euro aus den USA." 2023 waren es auf einmal 1,8 Milliarden. "Das ist ein irrsinniger Sprung nach vorne, das sind natürlich die Substitute für die russischen Energielieferungen."
Damit ist Liquefied Natural Gas - verflüssigtes Erdgas - gemeint, kurz LNG. Und das importiert Deutschland über Terminals an Nord- und Ostsee vor allem aus den USA. Dabei spielt nicht so sehr das Wachstum des Umfangs der Importe aus den Staaten eine Rolle als die Preise dieser Importe. Gaspreise aus Russland waren relativ niedrig. "Und wir kaufen jetzt natürlich die teuren Energieimporte aus den USA", erklärt Schwabe.
Auch in Berlin sind Einfuhren aus den USA beträchtlich gewachsen. "2023 hatten wir in Berlin 1,02 Milliarden Euro US-Importe und das ist wieder ein hoher Wert", sagt Manja Schreiner im Gespräch mit rbb|24. "Wir haben das schon wieder ordentlich gesteigert, nach dem 2020 nur auf 670 Millionen Einfuhren aus den USA gekommen sind."
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Die Deutschen kaufen gern deutsche Autos
Das ist ein enormer Zuwachs, der den US-Präsidenten dennoch nicht zufrieden stellt. Vor allem in einer Kategorie sieht Trump eine Ungleichbehandlung – bei den Autoexporten. "Mehrere Millionen Autos" aus der EU würden die USA importieren. "Aber unsere Autos nehmen sie uns nicht ab."
Dabei verkennt Trump einen wichtigen Punkt. Gerade bei Autos sei es für die US-Automobilhersteller schwierig, in Europa Fuß zu fassen, sagt die Ökonomin Sabine Stephan. "Es gibt in Deutschland eben eine ganz starke Markentreue - ganz viele Deutsche haben eine Präferenz für deutsche Autos." Aber es gäbe viele andere Dinge, wo man einen Austausch mit den USA anstreben könnte. Beispielsweise Batterien. "Für den Ausbau der Elektromobilität brauchen wir Batterien, da kommt die Produktion in der EU nicht so richtig in Schwung."
In den USA hat der Inflation Reduction Act von Trumps Vorgänger Joe Biden enorme Produktionskapazitäten für die Batterieproduktion geschaffen. Diese drohen jetzt unter Trumps Abwendung von E-Mobilität und Klimazielen stillgelegt zu werden. "Man könnte das durch die Nachfrage aus Europa gegebenenfalls ausgleichen." Der richtige Zugang für diesen Handelskonflikt, wäre also zu überlegen, was die Produkte sein könnten, die die EU aus den USA gebrauchen kann.
Wie verhandelt man mit jemandem wie Trump?
Dafür müsste man jedoch mit Trump verhandeln und wie man das macht, da spalten sich die Geister. Geht man ihn genauso hart an, wie er es mit seinen Kontrahenten tut oder versucht man ihn zu beschwichtigen? "Ich kenne den Mann ja auch nicht", schlussfolgert Manja Schreiner. "Aber was ich zumindest sehe, ist, dass Kanada und Mexiko sehr hart in die Diskussion gegangen sind." Die harte Verhandlungsstrategie der US-Nachbarn, gepaart mit Zugeständnissen, hat Trump letztendlich offenbar dazu bewegt, die Zölle für einen Monat auszusetzen.
Trump werde nachgesagt, ein "Dealmaker" zu sein. "Das heißt, er baut eine harte Verhandlungsposition auf. Und deswegen sehe ich auch, dass eine harte Verhandlungsposition auf der Gegenseite aufgebaut werden muss - in dem Bestreben natürlich, dass man in eine vernünftige, konsensual ausgerichtete Diskussion kommt", sagt Schreiner dem rbb.
Anders scheint das die EU zu sehen. Noch bevor die Drohungen nach US-Zöllen auf EU-Produkte öffentlich konkretisiert wurden, versprach die EU ihrerseits Zölle auf nach Europa eingeführte Autos zu senken. Denn die EU erhebt zehn Prozent Zoll auf importierte US-Autos, die USA dagegen nur 2,5 Prozent auf Wagen aus der EU.
Vor der Einführung neuer Zölle auf Stahl- und Aluminiumimporte hat die EU den US-Präsidenten jedoch eindrücklich gewarnt. "Die EU sieht keine Rechtfertigung für die Verhängung von Zöllen auf ihre Exporte", teilte die für die Handelspolitik zuständige EU-Kommission in Brüssel mit.
Ob sich Trump von solch einer Antwort beeindrucken lässt und wie im Fall von Mexiko und Kanada die Zölle aussetzt, kann bezweifelt werden. Somit kann man auch getrost davon ausgehen, dass dies nicht das das letzte Mal war, dass wir Trumps Lieblingswort gehört haben.
Sendung: Antenne Brandenburg, 10.02.2025, 18:00 Uhr
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