1. Mai: Giffey mit Ei beworfen, Tausende sammeln sich zur „Revolutionären Demo“
Der 1. Mai in Berlin: Das Wichtigste in Kürze
- In Berlin gibt es an diesem Wochenende zum Tag der Arbeit am 1. Mai rund 20 Demonstrationen.
- Die besondere Aufmerksamkeit der Polizei gilt der linken Kundgebung „Revolutionärer Erster Mai“ am Sonntag ab etwa 18 Uhr in Neukölln und Kreuzberg. Die Behörden rechnen mit 5000 bis 20.000 Teilnehmern.
- Erwartet wird, dass es bei der Demo zu Gewaltausbrüchen von Autonomen kommt. Kritischer Punkt könnte das Kottbusser Tor sein, weil dort eine neue Polizeiwache geplant ist.
- Bei der DGB-Demo am Brandenburger Tor wurde die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) mit einem Ei beworfen.
- Die Polizei hat stadtweit bis zu 6000 Beamte im Einsatz.
Neukölln, 18 Uhr: Bei der „Revolutionären Demo“ formieren sich verschiedene Blöcke, darunter viele schwarz gekleidete Teilnehmende – teils mit roten Mundschutz-Masken. Auch ein Block von vor allem türkisch- und arabischstämmigen Migranten als „Migrantifa“ ist zu sehen. Zudem beteiligen sich palästinensische Gruppen mit Fahnen.
Das Jüdische Forum kündigt bei Twitter an, die Demo zu beobachten und antisemitische Vorfälle zu dokumentieren. Die Polizei hatte im Vorfeld angekündigt, auch auf Dolmetscher zurückzugreifen, um arabische Parolen übersetzen zu lassen und zu prüfen, ob sie volksverhetzend sind.
Wir beobachten heute die Revolutionäre 1.-Mai-Demo in #Berlin und dokumentieren antisemitische Vorfälle. Am Hertzbergplatz sammeln sich zur Zeit Menschen, ab 18h soll die Demo dort beginnen. Schilder der "Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost" stehen am Rand: #b0105 pic.twitter.com/ZOPS7XpAq3
— Jüdisches Forum (@JFDA_eV) May 1, 2022
Neukölln, 17.50 Uhr: Die linksradikale Demo „Revolutionärer Erster Mai“ steht offenbar kurz vor dem Start. Teilnehmer stärken sich aber noch in und an den umliegenden Spätis mit Getränken. Die Veranstalter verlesen die Demo-Auflagen der Polizei. So müssen beispielsweise Corona-Masken getragen werden. Die Polizei sichert den Hertzbergplatz mit zahlreichen Einsatzkräften, die teils aus anderen Bundesländern kommen.
„Die Leute wollen doch nur Spaß haben!“Kreuzberg: Eine Mai-Feier vor dem viel geliebten Sabbich-Restaurant Goldadeluxe am Erkelenzdamm in der Nähe vom Kottbusser Tor brachte die Polizei um 16.40 Uhr zumindest zum Verstummen: Mehr als 100 Leute hatten sich auf der Straße und der anliegenden Grünanlage zum Feiern versammelt, der Wirt hatte große Lautsprecher auf den Gehweg gestellt, laute Musik dröhnte durch die Straße. Zehn Polizisten (in voller Einsatzmontur) rückten an, sperrten die „Partyzone“ ab, drei von ihnen debattieren mit dem Besitzer, der immer wieder ruft „Die Leute wollen doch nur Spaß haben!“ Die Nachfrage bei der Polizei ergibt die knappe Antwort: „War zu laut.“ Schimpfend dreht der Sabbich-Meister die Bässe ab. Die Leute bleiben. (mtk.)
Polizei sichert künftige Wache am Kottbusser TorKreuzberg, 17.30 Uhr: Vor dem Start der abendlichen Demonstration „Revolutionärer Erster Mai“ hat die Polizei die Route abgesichert. Am Kottbusser Tor wurden etwa die Fenster der künftigen Polizeiwache in dem Hochhaus über der Adalbertstraße mit Spanholzplatten und Gittern geschützt. Anwohner begrüßen das Vorhaben an dem Ort mit viel Kriminalität und Partyleben, von linken Gruppen wird es jedoch abgelehnt.
Tausende sammeln sich zur „Revolutionären Demo“Neukölln, 17.20 Uhr: Am Hertzbergplatz haben sich bereits mehrere Tausend Menschen zur Demo „Revolutionärer Erster Mai“ eingefunden. Die linksradikale Kundgebung soll, wie in jedem Jahr, um 18 Uhr beginnen. Die Berliner Polizei rechnet wieder mit Ausschreitungen – vor allem, wenn die Demonstration später das Kottbusser Tor in Kreuzberg erreicht.
Fahrradkorso auf dem Rückweg, Autobahn 100 gesperrtAutobahn 100, 17.10 Uhr: Der „My Gruni“-Fahrradkorso läuft noch. Laut Polizei ist er jetzt auf dem Rückweg auf der gesperrten Stadtautobahn A 100 unterwegs. Die Gesamtlänge der Fahrrad-Demo wird auf rund fünf Kilometer geschätzt. Die 1.-Mai-Stimmung sei bisher im Stadtgebiet sehr friedlich, sagt eine Polizeisprecherin. Bisher habe alles einen entspannten Charakter.
Satirepartei lässt aus „Spezialoperation und Frieden“ vorlesenKreuzberg, 17 Uhr: Am Mariannenplatz lässt die Satirepartei Die Partei Freiwillige aus Leo Tolstoi lesen. Seinen vielleicht bekanntesten Roman hat sie in „Spezialoperation und Frieden“ umbenannt. Gerade hat Sarah gelesen. Danach erklärt Die Partei die Kundgebung für beendet. Der Redner grüßt die Polizisten mit dem Spruch: „Knüppel frei am 1. Mai!“.
Am Mariannenplatz spielt die letzte Band an diesem Nachmittag: „Toxpack“. Sie singen „Wir sind die Bastarde von morgen“. Der Platz ist höchstens halb gefüllt. Polizei sieht man hier derzeit gar nicht.
Party in Kreuzberg, Kinder verkaufen „leckeres kaltes Bier“Kreuzberg, 16.40 Uhr: Mehrere Polizisten aus NRW und Niedersachsen – erkennbar an den Uniformwappen – stellen sich zwischen die am Boden sitzenden Menschen am Oranienplatz. Sie schauen sehr ernst in die Runde. Viele betrunkene Mittzwanziger sind zu sehen. Kinder verkaufen lautstark am Straßenrand „leckeres kaltes Bier“. Die Polizei versucht, an der Adalbert-/Ecke Oranienstraße die Straße frei zu bekommen, damit Autos passieren können. Immer wieder laufen jedoch Gruppen von Feiernden auf der Straße zwischen den Autos umher. Wo Polizisten ein Machtwort sprechen, ist die Straße nach wenigen Minuten wieder voller Menschen.
Tausende besuchen spontanes Kiezfest in KreuzbergKreuzberg, 16.30 Uhr: Trotz der Absage des großen Straßenfestes „Myfest“ in Berlin-Kreuzberg hat sich dort am Sonntag eine Art unorganisiertes Kiezfest zum 1. Mai gebildet. An den Straßen, auf den Gehwegen, vor Kneipen und im Görlitzer Park flanieren und stehen am Nachmittag Tausende überwiegend junge Menschen. An einigen Stellen sind Musikanlagen aufgebaut und es wird getanzt. Viele Kneipen und mobile Bars verkaufen Bier und Cocktails zum Mitnehmen. Besonders entlang der Skalitzer Straße, in der Wiener Straße und der Oranienstraße sind zahllose Menschen unterwegs.
Wegen der großen linken Demonstration am Abend in Neukölln und Kreuzberg, bei der Gewaltausbrüche befürchtet werden, stehen bereits an vielen Ecken Mannschaftswagen der Polizei. Das offizielle Straßenfest war wegen der Corona-Pandemie vom Bezirk abgesagt worden.
„Endlich mal was los hier!“Grunewald, 16.10 Uhr: Unsere Reporterin Katrin Bischoff schätzt die Teilnehmerzahl der Fahrrad-Demo auf rund 5000. Laut Polizei sind es etwas weniger. Die Slogans der Demonstranten lauten: „Wir können uns Reiche nicht mehr leisten“ und „Allen alles!“. Die Bewohner des Villenviertels scheinen sich von den linken Demonstranten nicht eingeschüchtert zu fühlen. Ein etwa zehnjähriger Junge, der hier wohnt und jetzt bei den Demonstranten steht, sagt: „Endlich mal was los hier!“
Giffey zu Eier-Wurf: „Lasse mich nicht davon beirren“Mitte, 16 Uhr: Die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) hat sich zu dem Eier-Wurf geäußert, der sie bei der DGB-Demo nur knapp verfehlte. Der Zwischenfall sei an einer Stelle ihrer Rede passiert, als sie gerade der Polizei für ihren Einsatz dankte. Giffey: „Solche Aktionen sind weder hilfreich, noch politisch wertvoll. Sie lenken von dem ab, worum es am heutigen Tag eigentlich geht: Solidarität mit der Ukraine, faire Arbeitsbedingungen und Bezahlung und die gemeinsame Bewältigung der Krisen unserer Zeit.“
Giffey weiter: „Jeder von uns weiß: Proteste am 1. Mai gehören nun mal dazu, Gewalt jedoch nicht. Ich lasse mich in meiner politischen Arbeit davon nicht beirren.“ In ihrer Rede dankte Giffey nach Angaben der Senatskanzlei allen, die während der Corona-Krise unter schwierigen Bedingungen weiter ihre Arbeit getan hätten. Ihnen sei es zu verdanken, dass das Land gut durch die Krise gekommen sei.
„My Gruni“-Fahrraddemo: Radler erreichen VillenviertelGrunewald, 15.42 Uhr: Die ersten Radler der „My Gruni“-Fahrraddemo sind nach ihrer Tour quer durch die Stadt jetzt im Villenviertel Grunewald eingetroffen. Sie fahren, ohne von der Polizei gestoppt oder kontrolliert zu werden, um den Johannaplatz. Unsere Reporterin Katrin Bischoff ist vor Ort. Wie werden sich die linken Demonstranten benehmen?
Polizeichefin Slowik trifft bei Grunewald-Demo einGrunewald, 15.25 Uhr: Berlins Polizeipräsidentin Barbara Slowik lässt sich bei der Villenviertel-Demo blicken. Sie schaut sich um und spricht mit Kollegen. Es ist Tradition, dass der Leiter oder die Leiterin der Berliner Polizeibehörde am 1. Mai auch persönlich Gesicht zeigt. Man kann damit rechnen, dass sich im Laufe des Tages auch Innensenatorin Iris Spranger (SPD) noch bei einer der zahlreichen Kundgebungen zeigen wird.
Initiativen-Sprecherin: Darum protestieren wir im VillenviertelGrunewald, 15.10 Uhr: Frauke Geldher, Sprecherin der Initiative „Quartiersmanagement Grunewald“, schildert die Beweggründe hinter der linken Demo im Villenviertel. Armut werde oft zum Thema gemacht, die Skandalisierung des Reichtums aber oft vergessen, sagt sie. Dabei würden Arme immer ärmer und Reiche immer reicher werden. Geldher ist nur ein Pseudonym, mit dem die Sprecherin gegenüber der Presse auftritt. „Wir wollen von oben nach unten umverteilen“, sagt sie. Deshalb gebe es diese 1.-Mai-Veranstaltung inmitten des wohlhabenden Wohnviertels seit 2018.
Geldher schätzt, dass aktuell 5000 Radfahrende beim „My Gruni“-Korso in Richtung Grunewald unterwegs sind. Im vorigen Jahr waren es doppelt so viele. Das könnte daran liegen, dass heute keine Corona-Beschränkungen mehr gelten und der Fahrradkorso nicht die einzige Veranstaltung ist.
Seit 15 Uhr sind die Zufahrtsstraßen zum Johannaplatz in Berlin-Grunewald gesperrt. Fußgänger und Fahrradfahrer werden durchgelassen.
Grunewald-Demo: Polizei weist auf Halteverbote hinBerlin, 15 Uhr: Die Polizei informiert auf Twitter über die Route des „MyGruni“-Fahrradkorsos und Halteverbotsbereiche für Anwohner. Der Korso rollt nach dem Demo-Auftakt am Roten Rathaus derzeit in Richtung Grunewald. Dem Vernehmen nach gibt es mehrere tausend Teilnehmer.
„Allergische Reaktion der Bourgeoisie“Grunewald, 14.50 Uhr: Im Villenviertel Grunewald treffen immer mehr linke Demonstranten ein. Auf der Bühne wird das Lied „Die allergische Reaktion der Bourgeoisie“ gespielt. Polizisten aus Nordrhein-Westfalen sind hier im Einsatz. Sie unterstützen die Berliner Polizei, die an einem Tag wie dem 1. Mai nicht alle notwendigen Maßnahmen allein umsetzen kann.
Zwischenfall: Eier-Wurf auf Franziska GiffeyMitte, 14.15 Uhr: Aktuelle Fotos von der DGB-Kundgebung am Brandenburger Tor zeigen einen Eier-Wurf auf die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD). Sie wurde während ihrer Rede ausgebuht - und plötzlich flog ein Ei aus der Menge auf die Bühne. Das Geschoss verfehlte die Politikerin offenbar knapp. Ein Security-Mitarbeiter ging zum Schutz mit einem geschlossenen Regenschirm dazwischen. Die Rede wurde abgebrochen.
Die Nachricht vom Eier-Wurf auf die SPD-Politikerin macht schnell auch bei der Villenviertel-Demo in Berlin-Grunewald die Runde. Die Aktion finde bei den Versammelten viel Beifall, berichtet unsere Berliner-Zeitungs-Reporterin Katrin Bischoff.
„Abrissbirne der Volksmusik“ erklingt im VillenviertelGrunewald, 13.55 Uhr: Während der „My Gruni“-Fahrradkorso noch in Mitte unterwegs ist, wird auch am Zielort Grunewald schon protestiert. Die Gruppe „Abrissbirne der Volksmusik“ steht mit Akkordeon auf der Bühne. Sie wird als Beitrag des Grunewalds zum ESC angepriesen. Etwa 100 Menschen haben sich am Johannaplatz, einer Grünanlage, versammelt. Die Stimmung ist ausgelassen. Am Gepäckträger eines Fahrrads kleben nachgemachte 50-Euro-Scheine. Der Protest im Villenviertel kann starten.
Tanzeinlage zum ProtestauftaktMitte, 13.40 Uhr: Tänzer der Bürgerinitiative „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ zeigen am Roten Rathaus bei der Auftaktkundgebung der „My Gruni“-Fahrraddemo ihr Können. Das Motto des Fahrradkorsos: „Die Grunewalder:innen abholen – Die Umverteilung auf die Kette kriegen“.
„My Gruni“-Fahrradkorso: Kundgebung am Roten RathausMitte, 13.25 Uhr: Die Auftaktkundgebung des „My Gruni“-Fahrradkorsos ist am Roten Rathaus gestartet. Die Organisatoren, nach eigenen Angaben „autonome Streetworker und Sozialarbeiter:innen“, rufen zur Demo-Radtour ins Berliner Villenviertel Grunewald auf. Die Teilnehmer wollen der dortigen „abgeschotteten Parallelgesellschaft“ einen Besuch abstatten.
DGB-Chef Hoffmann fordert sofortigen Waffenstillstand in UkraineMitte, 13 Uhr: DGB-Chef Reiner Hoffmann fordert in seiner Demo-Ansprache einen sofortigen Waffenstillstand in der Ukraine. Er warnt davor, den Militärhaushalt dauerhaft aufzustocken und den Sozialstaat zu vernachlässigen: „Wir sagen Nein zur massiven Aufrüstung.“ Und weiter: „Wir brauchen dieses Geld für Zukunftsinvestitionen in die Transformation. Und wir brauchen es für die Leistungsfähigkeit unseres Sozialstaats.“ Militärische Friedenssicherung dürfe nicht zulasten des sozialen Friedens gehen.
Polizei Berlin: Protest-Sonntag bisher ruhig angelaufenBerlin, 12.50 Uhr: Aus polizeilicher Sicht sind die heutigen Aktionen zum 1. Mai ruhig angelaufen. Die Behörde registrierte morgens zunächst keine Zwischenfälle, wie eine Sprecherin sagte. Es gebe die große Fahrraddemo mit bis zu 10.000 Teilnehmern in den Grunewald. In Mitte läuft aktuell die zentrale DBG-Kundgebung zum Tag der Arbeit am Brandenburger Tor.
Gewerkschafter treffen am Brandenburger Tor einMitte, 12.35 Uhr: Die Gewerkschafts-Demo biegt am Reichstagsgebäude um die Ecke. Auf Transparenten sind Slogans zu lesen wie:„ 100 Milliarden für die Bildung, nicht für den Krieg“ und „Hartz IV muss weg“. Auf einem tiefroten Transparent heißt es: „Ukrainische, russische Arbeiter: Dreht die Gewehre um“. Der Ukraine-Krieg ist auch Demo-Thema am 1. Mai.
Protest gegen WuchermietenMitte, 12.25 Uhr: Die Initiative „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ ist vor dem Brandenburger Tor ebenfalls am Start. Protest-Transparente gegen Wuchermieten sind zu sehen. Es ist bereits ziemlich voll hier. Die DGB-Demo soll gleich am Reichstagsgebäude um die Ecke biegen. Erste Motorräder der Polizei mit Blaulicht sind schon zu sehen.
Verkehr wegen Fahrrad-Demo stark beeinträchtigtBerlin, 12.15 Uhr: Die Verkehrsinformationszentrale Berlin (VIZ) hat wegen des Fahrradkorsos nach Grunewald eine wichtige Information für alle Verkehrsteilnehmer. Es komme ab Mittag zu erheblichen Einschränkungen in Mitte, Charlottenburg, Grunewald und Neukölln, heißt es in einem Tweet. Später werde es auch eine Sperrung der Autobahn 100 geben.
Volksfeststimmung am Brandenburger TorMitte, 12.05 Uhr: Die Fahrradfahrer der DGB-Demo sind gerade am Brandenburger Tor eingetroffen. Es sind rund 100, darunter auch Mitarbeiter von Lieferando. Hier herrscht Volksfeststimmung: Bratwurststände, Bier, Eis. Die meisten Teilnehmer der Demo sind noch nicht hier. Erste Transparente werden entrollt.
DGB: „Nein zu Militarisierung und massiver Aufrüstung“Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Reiner Hoffmann, hat angesichts des Ukraine-Krieges vor einer dauerhaften Aufstockung des Rüstungshaushalts gewarnt. „Wir sagen Nein zu Militarisierung und massiver Aufrüstung“, erklärte Hoffmann am Sonntag in Berlin auf der zentralen Kundgebung der Gewerkschaften zum 1. Mai.
Das Geld werde viel mehr für Zukunftsinvestitionen in die Transformation der Gesellschaft und für die Leistungsfähigkeit des Sozialstaats benötigt: „Militärische Friedenssicherung darf niemals zulasten des sozialen Friedens erkauft werden“, sagte Hoffmann laut Redemanuskript. An Russlands Präsidenten Wladimir Putin appellierte Hoffmann, den Krieg in der Ukraine sofort zu beenden: „Dieser Krieg ist ein Angriff auf die europäische Friedensordnung und auf unsere Demokratie.“
„Migrantifa“: Polizei achtet mit Dolmetschern auf antisemitische ParolenAuch ein Block von vor allem türkisch- und arabischstämmigen Migranten will als „Migrantifa“ bei der traditionellen Mai-Demonstration mitlaufen. Die Polizei kündigte an, auch auf Dolmetscher zurückzugreifen, um arabische Parolen übersetzen zu lassen und zu prüfen, ob sie volksverhetzend sind. Es werden antisemitische Proteste befürchtet.
Aus Sorge vor antisemitischen Vorfällen hatte die Polizei bereits eine für Freitag geplante Demonstration palästinensischer Initiativen sowie Ersatzveranstaltungen verboten. Gerichte bestätigten die Entscheidung.
Indymedia: Warnung vor dju-Mann Jörg ReichelUnter dem Titel „Hand in Hand mit den Bullen - Die politische Mission von Jörg Reichel“ erhebt eine Gruppe schwere Vorwürfe gegen den Landesgeschäftsführer der Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju). Die dju ist die Fachgruppe Medien innerhalb der Gewerkschaft verdi. Reichel, so die Vorwürfe, nutze „seinen Job und seine beruflich erworbene Reichweite, um politisch missliebige Meinungen mundtot zu machen“.
In dem Schreiben, dass auf der linksautonomen Plattform indymedia veröffentlicht wurde, heißt es weiter: „Sein Monitoring von vermeintlichen „Angriffen auf die Pressefreiheit“ unterläuft dabei in vielen Fällen fachliche Standards. Die Monitoring-Arbeit von Reichel ist in den Augen der Verfasser „seit langem zweifelhaft, wenn er zum Beispiel jede Unmutsbekundung pauschal als „Einschüchterung“ oder physische Annäherungen an ein Kameraobjektiv ohne weitere Differenzierung als „tätliche Angriffe“ vermeldet.“
Weiter heißt es: „Letztendlich schreckt er nicht davor zurück, die Polizei hinzuzuziehen und gezielt staatliche Repression gegen Teilnehmende von nicht-rechten Demonstrationen zu provozieren.“ Die Verfasser beziehen sich hier auch auf teils mehr als fragwürdige israelkritische Tendenzen innerhalb der linken Szene. In dem Schreiben heißt es:„ Vor allem autonome, migrantische, revolutionäre und kommunistische Gruppen geraten auf diese Weise mit zunehmender Schärfe in den Fokus einer ideologisch aufgeladenen Pseudo-Kritik.“
Zwar würden „auch Nazis und andere Rechte“ von Reichel beobachtet, dennoch werde ein „Großteil des Engagements“ darauf verwendet, „antiimperialistische und internationalistische Positionen zu diskreditieren und sich dabei immer wieder an einzelnen Akteur:innen exemplarisch abzuarbeiten.“ Daher müsse „vor allem rund um den bevorstehenden 1. Mai und den 30. April“ damit „gerechnet werden, dass er mit seinem aktivistischen Umfeld wieder am Rande von linken Veranstaltungen präsent sein wird, um sich mehr oder weniger offensichtlich an der Bespitzelung missliebiger Aktivist:innen zu beteiligen“.
Autonome: Haben Lager von Gorillas, Flink und Getir angegriffenIn der Nacht vom 30. April auf den 1. Mai wurden Lagerhäuser der Lieferdienste Gorillas, Flink und Getir überfallen. Die Berliner Unternehmen seien als „Symbol für den fortgeschrittenen Kapitalismus ausgewählt“ worden. In einem Bekennerschreiben unter dem Namen „Delivery Rioters“ heißt es: „Diese Unternehmen nutzen Menschen aus, die keine andere Wahl haben und gezwungen sind, einen unsicheren Arbeitsplatz unter schlechten Bedingungen anzunehmen.“
Und weiter: „In dieser Nacht, kurz vor dem 1. Mai, hat unsere Wut, unsere Frustration ihren Ausdruck gefunden, indem sie auf diejenigen traf, die den Kampf beherrschen und am Leben erhalten.“
Spranger: „Höchstwahrscheinlich wird es zu Gewalt kommen“Der Demo-Marathon für die Polizei rückt näher, von der Hauptkundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbundes zum Tag der Arbeit am Mittag über Motorrad- oder Fahrrad-Korsos bis zu Protesten gegen Corona-Maßnahmen. Insgesamt werden am Wochenende bis zu 50.000 Teilnehmer bei Demos und Volksfesten erwartet. Die besondere Aufmerksamkeit der Polizei gilt der linken Kundgebung „Revolutionärer Erster Mai“ am Sonntag ab 18 Uhr in Neukölln und Kreuzberg.
„Natürlich wissen wir, dass es zu Gewalt kommen kann und höchstwahrscheinlich auch kommen wird“, sagte Innensenatorin Spranger dem RBB. Die Polizei verfolge die Strategie der ausgestreckten Hand, schreite aber „natürlich massiv ein, wenn es zu Ausschreitungen kommen sollte.“ Auch die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) warnte vor Gewalt und wünschte sich einen friedlichen 1. Mai „mit starken Botschaften“.
20.000 Menschen für Randale-Demo angemeldetBei der traditionellen Revolutionären 1. Mai-Demonstration wollen am Sonntag ab 18 Uhr Tausende Menschen in Berlin auf die Straße gehen. Laut Polizei sind bis zu 20.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer angemeldet. Die Demonstration soll am Sonntagabend unter dem Motto „Yallah Klassenkampf - No war but classwar“ durch die Stadtteile Kreuzberg und Neukölln ziehen. Die Behörden rechnen dabei mit Gewalt von Linksextremen.
So kam es im vergangenen Jahr zu Ausschreitungen, bei denen unter anderem Mülltonnen in Brand gesetzt und Polizisten angegriffen wurden. Die Polizei ist deshalb mit mehr als 5500 Beamtinnen und Beamten im Stadtgebiet im Einsatz. Mehr als 2000 davon kommen aus neun anderen Bundesländern und von der Bundespolizei. Insgesamt sind in der Hauptstadt am Sonntag 18 Demonstrationen, Kundgebungen und Versammlungen angemeldet. Auch in Hamburg und Leipzig sind Demonstrationen des linken Spektrums angemeldet.
Aufgeheizte Stimmung bei feministischer DemoPünktlich zum Sonnenuntergang startete in Prenzlauer Berg eine feministische Demonstration. Die Stimmung war von Anfang an ziemlich aufgeheizt: Lesben und Transpersonen liefen zum Teil mit Bengalos im zügig-militanten Schritt von der Bernauer Straße am Mauerpark zur Otto-Braun-Straße.
Unter dem Motto „Take back the Night“ demonstrierten nach Angaben der Polizei rund 2500 Teilnehmerinnen unter anderem gegen Gewalt gegen Frauen. CIS-Männer waren eindeutig unerwünscht.
Wurfgeschosse, Pyrotechnik und zahlreiche SachbeschädigungenEs flogen Wurfgeschosse, Pyrotechnik wurde gezündet, polizeifeindliche Sprechchöre hallten durch die Straßen. „Das kannten wir schon von dem feministischen Demonstrationen aus den vergangenen Jahren. Wir waren vorbereitet und blieben ganz ruhig“, resümierte Polizeisprecherin Anja Dierschke, nachdem es zu immer mehr Randalen gekommen war. An der Ecke Münzstraße / Alte Schönhauser Straße war dann Schluss. Nach zahlreichen Sachbeschädigungen erklärte die Versammlungsleiterin den Aufzug für beendet, so Dierschke.
Rangeleien mit der Polizei und erste FestnahmenDemonstrantinnen hatten nach Angaben der Polizei Farbbeutel gegen die Fassaden von Geschäften geworfen, etliche Autoscheiben wurden eingeschlagen. Zuvor war es an der Torstraße zu Ausschreitungen gekommen. Die Polizei ging mit Gewalt in den „aggressiven Block“ und versuchte, einzelne Teilnehmerinnen festzunehmen. Die Demo reagierte mit Gegenwehr. Es kam zu Rangeleien und Festnahmen. Teile des Aufzug hatten sich daraufhin aufgelöst.
Bereits kurz nach dem Start des Aufzugs wurden Feuerwerkskörper angezündet, Flaschen geworfen. Die Polizei stoppte den Aufzug und forderte die Versammlungsleitung auf, dies zu unterlassen. Erst als keine Wurfgeschosse mehr flogen, ging es weiter. Schon da wirkten die Demonstrantinnen so, als hätten sie es ziemlich eilig. Ein Polizeisprecher: „Die haben ein ganz schönes Tempo drauf.“
Weitaus weniger Demonstranten in WeddingDie großangekündigte Demonstration einiger linker Gruppen durch den Stadtteil Wedding war bereits am frühen Abend beendet. Bei dem Aufzug unter dem Motto „Von der Krise zur Enteignung! Die Reichen sollen zahlen!“ liefen zur Spitze 1000 Teilnehmer mit. „Es setzte aber früh ein schneller Abstrom ein“, sagte eine Polizeisprecherin. Angemeldet waren 2000 Teilnehmer. Wie in den Vorjahren blieb es auch diesmal weitgehend friedlich.
Die Teilnehmer forderten etwa günstigere Lebensmitteln und einen Preisstopp für Energiekosten oder eine Reichensteuer. Zudem wurden geplante Milliarden für die Bundeswehr kritisiert. Zahlreiche Menschen trugen teils großflächige Transparente mit sich. Darauf stand unter anderen: „Von der Krise zur Enteignung“ oder „Was macht Investoren Dampf? Enteignung und Klassenkampf“.
Einige der Demonstranten zogen laut Beobachtungen anschließend in den Mauerpark. Dort fand ab 20 Uhr eine größere Kundgebung statt. Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) besuchte am frühen Abend die Grünanlage, um sich ein Bild von der Einsatzlage zu machen. „Bisher ist alles ziemlich friedlich und ruhig“, stellte die Polizeisprecherin fest.
350 Linke feiern auf der Rigaer StraßeAuf der Rigaer Straße im Stadtteil Friedrichshain nahe einem von Linksautonomen teilbesetzten Haus fand ab 15 Uhr ein Straßenfest statt. Es wurde Pyrotechnik abgefackelt, ansonsten war die Stimmung dort ebenfalls ziemlich friedlich. Rund 350 Menschen aus der linken Szene haben sich laut Polizeiangaben versammelt. Statt Ausschreitungen und Angriffe auf Polizisten gebe es politische Diskussionen. „Hier dominieren derzeit die Redebeiträge“, so die Sprecherin.
Demonstration gegen Polizeiwache am Kottbusser TorKnapp 200 Menschen haben nach Polizeiangaben am Nachmittag am Kottbusser Tor in Kreuzberg gegen die dort geplante Polizeiwache demonstriert. Es gab Redebeiträge und Musik. Die Polizei sprach zunächst von einer ruhigen Lage. Zwischenzeitlich wurden Feuerwerkskörper gezündet. Dabei sei jedoch niemand verletzt worden.
Das Kottbusser Tor gilt als ein kriminalitätsbelasteter Ort, der für das Partyleben, den Drogenhandel und einer teilweise polizeifeindlichen Szene bekannt ist. Die neue Polizeiwache soll Anfang 2023 in dem Hochhaus eröffnet werden, das über der Adalbertstraße am Kottbusser Tor steht. Anwohner begrüßen das Vorhaben, von linken Gruppen wird es jedoch abgelehnt.
1. Mai in Berlin: Polizei befürchtet AusschreitungenAm Sonntag geht es dann weiter mit einer ganzen Reihe von Demonstrationen: Von der Hauptkundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) zum Tag der Arbeit am Mittag über Motorrad- oder Fahrrad-Korsos bis zu Protesten gegen Corona-Maßnahmen.
Die besondere Aufmerksamkeit der Polizei gilt vor allem der Demonstration linker und linksradikaler Gruppen mit dem Titel „Revolutionärer Erster Mai“ am Sonntagabend in Neukölln.
Erwartet wird, dass es dabei wie in den vergangenen Jahrzehnten zu Gewaltausbrüchen von Linksautonomen kommen kann. Erwartet werden 5000 bis 20.000 Teilnehmer.