Fünf Jahre nach dem rassistischen Anschlag: Gedenken in Hanau
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Zum fünften Mal jährt sich an diesem Mittwoch der rassistische Anschlag in Hanau. Politiker und Hinterbliebene wollen am Mittag bei einer offiziellen Gedenkstunde an die Opfer erinnern. Auch der Bundespräsident wird erwartet. Eine Opferfamilie will nicht kommen, eine Partei darf nicht.

Mit Plakaten und Bildern der Ermordeten erinnerten 2024 Teilnehmer der Gedenkveranstaltung an die Opfer des rassistischen Anschlags in Hanau. Bild © picture-alliance/dpa
Die Stadt Hanau erinnert am Mittwoch an die am 19. Februar 2020 ermordeten neun Bürger aus Einwandererfamilien: Kaloyan Velkov, Sedat Gürbüz, Fatih Saraçoğlu, Vili Viorel Păun, Mercedes Kierpacz, Gökhan Gültekin, Said Nesar Hashemi, Hamza Kurtović und Ferhat Unvar.
Audio 00:51 Min.|18.02.25|Heiko Schneider
Zu der zentralen Gedenkveranstaltung um 12 Uhr unter dem Motto "Gemeinsam gedenken - für Zusammenhalt und Zukunft" wird Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier als Redner erwartet. Die Begrüßung soll Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) halten, die Verabschiedung Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD).
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Ermordet am 19. Februar 2020 in Hanau
Zudem sind Reden von drei Angehörigen vorgesehen: Sedat Gürbüz und Serpil Temiz Unvar verloren bei dem rassistischen Attentat jeweils einen Sohn, Said Etris Hashemi seinen Bruder, außerdem wurde er selbst verletzt. Çetin Gültekin will aus seinem im vergangenen Jahr erschienen Buch "Geboren, aufgewachsen und ermordet in Deutschland" über seinen Bruder lesen.
Eine Familie bleibt fern
Die Eltern von Hamza Kurtović haben angekündigt, der Gedenkfeier fernzubleiben. Es entstünde das falsche Bild von Politikern, die an der Seite der Angehörigen stehen, sagte Vater Armin Kurtović dem hr. Sein Sohn zählt zu den Opfern, die in der Arena-Bar erschossen wurden.
Er wirft Oberbürgermeister Kaminsky vor, keine Verantwortung für einen mutmaßlich verschlossenen Notausgang in der Arena-Bar zu übernehmen. Der SPD-Politiker weist die Kritik von sich. Dem Ministerpräsidenten Boris Rhein (CDU) hält Kurtović vor, in der Sache entgegen einer früheren Zusage keine unabhängige Untersuchung zu veranlassen. Kurtović hatte vor kurzem eine neue Strafanzeige erstattet, die Staatsanwaltschaft hielt weitere Ermittlungen allerdings für nicht angebracht.
AfD nicht eingeladen
Unerwünscht sind Vertreter der AfD bei der Gedenkfeier, zu der das Land und die Stadt eingeladen haben. Ein Sprecher Kaminskys sagte auf Anfrage, der Oberbürgermeister habe dem Ministerpräsidenten geschrieben, dass die Teilnahme von AfD-Politikern "auf entschiedene Ablehnung" bei den Opferfamilien stoßen würde.
Ein Sprecher Rheins teilte dem hr mit, besonders die Angehörigen hätten die Gestaltung der Trauerfeier konzipiert. Es sei üblich bei solchen Veranstaltungen, "aus Pietätsgründen den Wünschen der Angehörigen zu entsprechen".
AfD-Fraktionschef Robert Lambrou warf der Staatskanzlei schlechten Stil vor. Sie habe erst auf hartnäckiges Nachfragen mitgeteilt, dass es Einladungen gab und warum die AfD keine erhielt. Man habe offenbar gehofft, "dass wir gar nicht erst merken, dass wir nicht eingeladen sind".
Mahnwache an beiden Tatorten
Mehrere Kirchen sind am Mittwoch für ein Gedenken geöffnet.
Um 9 Uhr und um 16.30 Uhr betet ein Imam an den Gräbern der auf dem Hanauer Hauptfriedhof bestatteten Opfer. Trauerkundgebungen sind außerdem an den Gräbern weiterer Opfer auf dem Friedhof Offenbach (14 Uhr) und auf dem Friedhof in Dietzenbach (Offenbach, 15 Uhr) geplant.

Am Abend will die Initiative 19. Februar, in der sich Angehörige und Freunde der Opfer sowie deren Unterstützer zusammengeschlossen haben, an den beiden Tatorten der Toten gedenken. Im Namen von Stadt, Land und Bund werden auch außerhalb Deutschlands und Hessens Blumen- und Kranzniederlegungen an den Grabstätten der Opfer organisiert: in Bulgarien, Rumänien und in der Türkei.
Am 19. Februar 2020 hatte ein 43-Jähriger in Hanau neun junge Menschen aus rassistischen Motiven erschossen. Danach tötete er seine Mutter und sich selbst.
Redaktion: Wolfgang Türk
Sendung: hr INFO, 19.02.25, 06:00 Uhr
Quelle: epd, dpa/lhe