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Reaktionen auf Heizungsgesetz: "Tiefpunkt" oder "gutes Signal"?

Reaktionen auf Heizungsgesetz Tiefpunkt oder gutes Signal
Der Streit um das neue Heizungsgesetz ist beigelegt. Mit weniger harten Vorgaben und mehr Zeit konnten sich alle Ampel-Parteien auf das Gesetz einlassen. Kritik kommt nun von Mieterbund und Umweltschützern. Die Opposition sieht sich bestätigt.

Stand: 14.06.2023 08:33 Uhr

Der Streit um das neue Heizungsgesetz ist beigelegt. Mit weniger harten Vorgaben und mehr Zeit konnten sich alle Ampel-Parteien auf das Gesetz einlassen. Kritik kommt nun von Mieterbund und Umweltschützern. Die Opposition sieht sich bestätigt.

Nach wochenlanger Diskussion ist der Heizungsstreit in der Ampelkoalition abgeräumt: Das Gesetz soll in abgeschwächter Form morgen im Bundestag beraten werden.

Nach dem Kompromiss sollen nun das Gebäudeenergiegesetz und ein Wärmeplanungsgesetz gekoppelt werden und beide zum 1. Januar 2024 in Kraft treten. Wer an ein Fernwärmenetz angeschlossen ist, muss sich keine Gedanken mehr über den Einbau etwa einer Wärmepumpe mehr machen. Eine verpflichtende kommunale Wärmeplanung soll bis spätestens 2028 eingeführt werden. Solange keine kommunale Wärmeplanung vorliegt, sollen beim Heizungsaustausch auch noch Gasheizungen eingebaut werden dürfen - wenn diese auf Wasserstoff umrüstbar sind.

Das ursprünglich anvisierte Verbot des Einbaus von Öl- und Gasheizungen ab dem 1. Januar 2024 ist vom Tisch: Die erzielte Grundsatzeinigung der drei Koalitionsfraktionen sieht jahrelange Übergangsfristen für Bestandsbauten vor. Zudem soll die staatliche Förderung noch einmal aufgestockt werden.

Die Reaktionen reichen von Enttäuschung über Sorge bis Zustimmung. Ein Überblick.

Städte- und Gemeindebund

Positiv hat der Städte- und Gemeindebund die von der Ampel beschlossenen Änderungen beim Heizungsgesetz aufgenommen. Es sei "ein richtiger Schritt, dass beim Gebäudeenergiegesetz - insbesondere bei Bestandsgebäuden - eine Verpflichtung erst dann entsteht, wenn die kommunale Wärmeplanung vorliegt", sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Das bedeute für die meisten Kommunen, dass frühestens 2028 Maßnahmen ergriffen würden. "Damit wird die notwendige Verzahnung mit der kommunalen Wärmeplanung hergestellt", stellte Landsberg fest.

Zugleich forderte er vom Bund "eine nachhaltige Unterstützung", damit auch die Kommunen bei Ihren eignen 185.000 Gebäuden die Wärmewende umsetzen könnten. Wegen der vielen noch offenen Details sollte das Gesetzgebungsverfahren mit großer Sorgfalt und Realitätssinn betrieben werden, forderte der Hauptgeschäftsführer. Dazu gehöre auch eine konkrete Kostenschätzung.

Deutscher Mieterbund

Der Präsident des Deutschen Mieterbundes, Lukas Siebenkotten, zeigte sich besorgt über noch höhere Kosten für Mieter. "Statt die bestehende Modernisierungsumlage endlich sozial gerecht zu reformieren und deutlich abzusenken, soll sogar eine weitere Modernisierungsumlage eingeführt werden", sagte Siebenkotten der dpa. "Das lässt nichts Gutes erahnen. Wir brauchen mehr Mieterschutz und keine weiteren Mieterhöhungsmöglichkeiten." In den weiteren Verhandlungen müsse es darum gehen, "die Fördermittel für Vermieter zu erhöhen und gleichzeitig die Modernisierungsumlage so zu reformieren, dass eine deutliche Energieeinsparung durch den Heizungstausch erreicht wird - nur so profitieren Vermieter und Mieter", führte Siebenkotten aus.

Greenpeace

Die Umweltorganisation Greenpeace bewertete die Beschlüsse der Koalition negativ. Ihr Energieexperte Andree Böhling sagte, wenn zunächst die kommunale Wärmeplanung abgeschlossen werden solle, dann bedeute das: "Bis 2028 werden in den meisten Kommunen weiter klimaschädliche Gasheizungen eingebaut. Mit diesem aufgeweichten Heizungsgesetz rücken die Klimaschutzziele der Regierung in weite Ferne."

Deutsche Umwelthilfe

Die Deutsche Umwelthilfe sprach von einem Tiefpunkt für die Klimapolitik der Bundesregierung. "Am schwersten wiegt, dass die Wärmewende bei Bestandsgebäuden auf einen Zeitpunkt nach 2028 und damit auf eine nächste Regierung verschoben wird und das sogar bei einem großen Teil der Neubauten, wo es besonders einfach umsetzbar ist", kritisierte Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz. "Darüber hinaus wird das Märchen von wasserstofffähigen Gasheizungen aufrechterhalten und die klima- und umweltschädliche Verbrennung von Holz ermöglicht."

Energiewirtschaft

Positiv reagierte die Energiewirtschaft auf das veränderte Heizungsgesetz. "Die Punkte, auf die sich die Koalition geeinigt hat, verbessern das Gesetz entscheidend", sagte die Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft, Kerstin Andreae. Positiv sei vor allem "die geplante Verzahnung mit der kommunalen Wärmeplanung bei der Umrüstung von Bestandsgebäuden". Ähnlich äußerte sich der Verband kommunaler Unternehmen (VKU). Die Einigung der Koalition sei "ein gutes und wichtiges Signal".

CDU

Die Union freut sich über die abgeschwächten Regeln für den Einbau neuer Heizungen: "Opposition wirkt, unsere Kritik wirkt: Robert Habecks Wärmepumpen-Zwang hat keine Mehrheit im Deutschen Bundestag", sagte der Unions-Fraktionsvize Jens Spahn (CDU) am Dienstag im ZDF. "Deswegen haben die Ampel-Fraktionen diesem Gesetz den Stecker gezogen. Das ist erstmal eine gute Nachricht angesichts des Protests, den es im Land gibt", sagte Spahn. Es gebe allerdings noch keinen neuen Gesetzentwurf, beklagte Spahn. Er forderte, dass die Ampelkoalition auf Basis der Einigung "ein ordentliches Gesetz schreibt und wir dann ein ordentliches Verfahren im Deutschen Bundestag haben". Dabei müsse schon in Erster Lesung klar formuliert sein, inwieweit das Gesetz wirklich Technologieoffenheit gewährleiste und welche Förderungen es geben werde. "Mit dem, was heute behauptet wurde, was kommen soll" wäre allerdings Technologieoffenheit "scheinbar gewährleistet", fügte Spahn hinzu. Er lobte überdies die zugesagten Förderungsmaßnahmen: "Diese Ziele kann man unterstützen".

Fraktionschef Friedrich Merz erklärte, Habeck "erlebt zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres, dass ihm die Ampel-Fraktionen (...) vollkommen verkorkste Gesetzentwürfe aus der Hand nehmen".

Grüne

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will nach dem Kompromiss beim Heizungsgesetz nicht von Siegen oder Niederlagen sprechen. "Diese Debatte drohte ja zu einer Endlosschleife zu werden. Und das ist dann verhindert worden, weil wir uns mal kurz frei gemacht haben von: Wer hat gewonnen, wer hat verloren?", sagte Habeck im ZDF. Denn Kategorien wie Sieg oder Niederlage verhinderten jeden Kompromiss. "Das, was heute gelungen ist, (...) ist vor allem, die Handlungsfähigkeit der Regierung und damit auch das Zusammenrücken des Landes wieder zu ermöglichen." Der Kern des Gesetztes sei erhalten geblieben.

Die Co-Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, Katharina Dröge sprach in den tagesthemen von einem "etwas komplizierteren Weg", den die Koalition zurücklegen musste. Sie freue sich aber sehr, diesen "Meilenstein" auf den Weg gebracht zu haben. Klimaneutrale Heizungen blieben das Ziel, das habe sich auch durch die jüngsten Änderungen nicht geändert.

SPD

Die SPD-Chefin Saskia Esken lobte im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF die "sehr sehr gute Einigung". Mit dem Kompromiss sei der Einstieg in die Wärmewende gelungen, sagte Esken.

Esken betonte, es sei wichtig, dass mit der Einigung nun Planungssicherheit für Neubauten herrsche. Auf das Thema Finanzierung angesprochen zeigte sie sich "zuversichtlich, dass es auch gut gelingen wird". Die Unterstützung für die Investitionskosten werde aus dem Klimatransformationsfonds geleistet, der "außerhalb des Haushalts" zu sehen sei. 

Bundesbauministerin Klara Geywitz kündigte an, nun die Wärmeplanungen gemeinsam mit den Kommunen vorantreiben zu wollen. "Mit den Kommunen und Verbänden ist ein Gesetzentwurf zur kommunalen Wärmeplanung in Abstimmung. Im Kern geht es darum, dass die Bürgermeister erstmal schauen, was habe ich denn für potentielle Wärmequellen, wieviel Verbrauch habe ich in meiner Kommune, und wie können wir vielleicht noch mit anderen Varianten heizen außer mit Öl und Gas", sagte die SPD-Politikerin dem rbb-Inforadio.

FDP

FDP-Fraktionschef Christian Dürr zeigte sich sehr zufrieden mit der Ampel-Einigung, nachdem seine Fraktion bisher gebremst hatte. "Es freut mich, dass wir innerhalb der Koalition fundamentale Änderungen am Gesetzentwurf vereinbaren konnten", nahm Dürr für sich in Anspruch. Für die FDP seien die Koppelung an die Wärmeplanung und die Technologieoffenheit vor allem wichtig gewesen.

Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion Johannes Vogel sprach im Interview mit Bayern 2 von einem guten Kompromiss im Heizungsstreit. "Wir haben das Gesetz wirklich um 180 gedreht und vom Kopf auf die Füße gestellt. Nicht beim Klimaschutz, sondern bei der Frage, wie wir das erreichen", sagte Vogel. Der entscheidende Punkt des Gesetzes ist aus seiner Sicht, dass die Technik nicht vorgeschrieben werde, "sondern je nach Gebäude kann man die für sich passende Technik, die bis 2045 klimaneutral dann ist, wählen. Das ist der Kern und der war besonders wichtig", sagte der FDP-Politiker. 

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