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Holocaust-Gedenktag: Wie jüdische Friedhöfe die Erinnerung ...

HolocaustGedenktag Wie jüdische Friedhöfe die Erinnerung
Sie dokumentieren seit 18 Jahren jüdische Friedhöfe in Deutschland, Polen, Tschechien und der Ukraine in Schwarz-Weiß-Fotos. Was reizt Sie daran?

Sie dokumentieren seit 18 Jahren jüdische Friedhöfe in Deutschland, Polen, Tschechien und der Ukraine in Schwarz-Weiß-Fotos. Was reizt Sie daran?

Mir geht es um zwei Dinge: Ich möchte zum einen ein Bewusstsein für einen Teil der jüdischen Alltagskultur schaffen, der vielen noch unbekannt ist, und zum anderen den Verfall dieser bedeutenden Kulturstättenfotografisch festhalten, nicht zuletzt für die nachfolgenden Generationen. Auf vielen jüdischen Friedhöfen bin ich inzwischen bereits mehrere Male gewesen und immer haben sie sich in der Zeit zwischen meinen Besuchen verändert. Nicht nur Vandalismus hinterlässt leider seine Spuren, sondern mittlerweile auch der Klimawandel.

Marcel-Th. Jacobs

© Alexandra Erlhoff

Ihr Anspruch ist zu dokumentieren und nicht zu inszenieren?

Genau, deshalb haben mein inzwischen verstorbener Mann und ich uns auch bewusst entschieden, mit einer analogen Kamera Schwarz-Weiß-Aufnahmen zu machen. Die Friedhofslandschaften und Details der Grabstätten werden  authentisch fotografisch festgehalten. Eine Nachbearbeitung der Fotografien findet nicht statt. Eine besonders gute Zeit für die Aufnahmen ist der Winter, weil dann das Licht meistens besonders schön ist und es kaum Pflanzenwildwuchs gibt.

Ein jüdisches Grab gilt als ewiger Besitz der oder des Toten. Welche Bedeutung haben Friedhöfe im Judentum?

Eine sehr große. Sie stehen auf einer Stufe mit Synagogen und der Mikwe und sind ein ganz wichtiger Bezugspunkt in der jüdischen Kultur. Jüdische Friedhöfe sind ewig, das heißt, die Grabstellen dürfen nicht eingeebnet werden. Sie gelten als „Haus der Ewigkeit“, weshalb auch unsere Ausstellung so benannt ist. Interessant finde ich auch den persönlichen Aspekt: Durch die Namen und Informationen auf den Grabsteinen bekommen persönliche Biographien ein Gesicht. An ihnen lässt sich ablesen, wie das jüdische Leben vor Ort gewesen ist. Auf den Friedhöfen finden Sie die ganze gesellschaftliche Bandbreite, von Industriellen und Bankiers bis hin zu Künstlern.

Gibt es einen Friedhof, der Sie besonders beeindruckt hat?

Da fällt mir zuerst der jüdische Friedhof in Czernowitz in der Ukraine ein, schon allein wegen der ungeheuren Größe. Hinzu kommt, dass das gesamte Areal fast baumlos ist, wodurch der Eindruck endloser Grabreihen bis zum Horizont entsteht. Und neben den Inschriften ist manchmal ein Foto des oder der Verstorbenen auf dem Grabstein angebracht. Das ist eher ungewöhnlich und entspricht überhaupt nicht der jüdischen Bestattungstradition. Ein zweiter Friedhof, den ich faszinierend finde, ist der Neue Jüdische Friedhof in Warschau. Auch hier ist das Gelände riesig. Das Besondere ist aber, dass man nahezu jede Strömung in der Gestaltung der Grabsteine wiederfindet. Vor dem Zweiten Weltkrieg war in Warschau die größte jüdische Gemeinde Europas. Auf beiden genannten Friedhöfen finden heute noch Bestattungen statt.

Unterscheidet sich der Umgang mit den Friedhöfen je nach Land?

Ja. Vandalismus oder Diebstahl gibt es auf Friedhöfen in Deutschland oder in der Tschechischen Republikkaum, in Polen geschieht beides deutlich öfter.

Welchen Platz nehmen jüdische Friedhöfe in unserer Erinnerungskultur ein?

Leider führen sie eher ein Schattendasein. Mit dem „Freundeskreis zum Erhalt der jüdischen Friedhöfe im mitteleuropäischen Kulturraum e.V.“ wollen wir das gerne ändern und ein stärkeres Bewusstsein für die Bedeutung jüdischer Friedhöfe schaffen, zum einen mit unseren Ausstellungen, zum anderen mit einem Bildband, den wir im vergangenen Jahr herausgebracht haben. Gerade für Schulklassen bietet sich der Besuch auf jüdischen Friedhöfen an, weil sie die Geschichte über persönliche Schicksale nachvollziehbar macht und dadurch auch der Schrecken des Holocaust anders vermittelt wird.

Ihre Ausstellung „Haus der Ewigkeit“ ist nun zum ersten Mal in Berlin zu sehen. Bedeutet Ihnen das etwas?

Ja, Berlin ist schon ein besonderer Ort für uns. Schließlich hat das Projekt hier begonnen. Die Idee wurde hier geboren und unser Verein wurde 2018 in Berlin gegründet. Schön finde ich, dass wir die Ausstellung im Willy-Brandt-Haus zeigen können. Zum Holocaust-Gedenktag ist das ein sehr passender Rahmen.

Ausstellung im Willy-Brandt-Haus

In Kooperation mit dem Freundeskreis zum Erhalt der jüdischen Friedhöfe im mitteleuropäischen Kulturraum, e.V. zeigt der Freundeskreis Willy-Brandt Haus die Ausstellung „Haus der Ewigkeit“. Sie ist bis zum 26. Februar von Dienstag bis Sonntag zwischen 12 und 18 Uhr im Willy-Brandt-Haus in Berlin zu sehen. Ein Personalausweis ist für den Einlass erforderlich.

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