Interview mit Johannes Oerding über sein Jahr 2023
Interview | Geldern · Am 12. August singt der Pop-Star vor 10.000 Fans dort, wo er viele Jahre lang Fußball gespielt hat: Auf dem Sportplatz von Arminia.
29.12.2022, 17:30 Uhr
Von Monika Kriegel
Da haben sich sicher manche verwundert die Augen gerieben. Johannes Oerding spielt Open Air auf dem Kapellener Sportplatz? Neben deutschlandweit 17 Arena- und gut 20 Open-Air-Terminen auf seiner Tour in 2023?
Johannes Oerding Tatsächlich ist es mein echtes „Heimat-Konzert“ ganz nah an unserem Garten. Ich habe schon viel auf einigen Bühnen im Gelderland gestanden, aber in Kapellen direkt, das war immer mein Traum. Vor zwei Jahren war es tatsächlich mal angedacht in Zusammenhang mit einem Jubiläum von Arminia Kapellen, aber dann kam Corona dazwischen. Umso mehr freut sich die Familie – freuen wir uns alle – auf den 12. August. Freunde, Verwandte werden da sein. Ich glaube, mir fällt wohl zu ganz vielen, fast zu jedem zweiten Gesicht, eine Geschichte ein.
Konzert Morgen, am Silvestertag, dürfen sich die Fans von Johannes Oerding auf seine Songs einstimmen. Es gibt einen Mitschnitt des Konzerts am Kalkberg bei Bad Segeberg von Mai 2019. Zu hören sind elf Hits, unter anderem „Alles brennt“, „An guten Tagen“, „Wenn Du lebst“ oder „Kreise“. Die Sendung in der 3-Sat-Reihe „Pop Around the Clock“ beginnt um 15.40 Uhr.
Film Äußerst sehenswert ist die NDR-Doku „Träumer. Macher. Oerding!“. Andreas Heineke begleitete Johannes Oerding nicht nur zu seinem ersten großen Konzert nach zwei schweren Corona-Jahren, sondern reiste mit ihm auch in seine Vergangenheit. Bei einem Besuch im Pfadfindercamp erzählen seine Brüder und sein Vater die Geschichte seiner Kindheit und Jugend und wie der Junge vom Niederrhein zum Popstar wurde. Wegbegleiter kommen in dem Film zu Wort: sein Freund, Sänger Wincent Weiss, Sängerin Stefanie Heinzmann, Peter Maffay sowie Ina Müller. Den Film findet man in der Mediathek der ARD.
Dazu gehört aber jede Menge Planung?
Oerding Richtig, auf solch einer Tour mit zwei Tourbussen und zwei Lkw mit dem Equipment begleiten mich 50 bis 60 Leute, damit alles immer wieder klappt: Ton, Licht, Bühne und mehr. Hinzu kommen noch bis zu 40 Helfer direkt vor Ort. So auch beim Open Air in Kapellen. Ich freue mich riesig auf das Highlight meiner Tour, mein größtes Konzert in 2023 mit über 10.000 Fans. Bis dahin muss so logistisch und organisatorisch Vieles bedacht werden. Wir sind mit der Stadt Geldern im Gespräch. Alles läuft an, ich bin zuversichtlich wie bei den anderen Konzerten und Open-Air-Events meiner Plan-A-Tour.
Du sprichst vom „Heimat-Konzert“. Es gibt bereits im Repertoire „Heimat“. Wie definierst Du für Dich heute Heimat?
Oerding Das intensivste Heimatgefühl verbinde ich mit dem Ort, wo ich aufgewachsen bin, Freunde und Familie weiß, also mit Kapellen. Münster, ein Ort, wo viele aus meinem Umfeld studiert haben, sehe ich eher abstrakt. Und Hamburg bedeutet meine musikalische Heimat, in der die Träume in Erfüllung gegangen sind.
Dein Vater hat, wie Du beschreibst, gesagt: „Junge, suche, finde und tu, was Dich im Leben glücklich macht“. Was macht Dich gerade glücklich?
Oerding Ganz einfach: freie Zeit. Davon hatte ich nicht viel in diesem Jahr. Aber bis Anfang Januar wird’s ruhiger. Wenn alle in Urlaub sind und die Räder kurz stillstehen. Aber ich gebe zu, Nichtstun fällt mit aber schwer.
Das „Eins-zu-eins-Gespräch“ im jüngsten Album „Plan A“ ist sehr persönlich beschrieben. Welchen Ratschlag Deines Vaters übernimmst Du für Dich?
Oerding Ich höre Vaters Worte wie „Wer viel hat, muss auch viel geben“ oder „Wenn du kannst, hilf anderen, dass sie auch können“, also durch ihn bin ich eindeutig und gerne sozial-caritativ geprägt. Das habe ich mir während der Pandemie öfter vor Augen geführt. Ich habe unter anderem „Sing meinen Song“ produziert. Aber wie ging es meinem Team? Ich sehe mich da ein Stück weit in der Verantwortung.
Wird es einmal auch einen Song über oder zu Deiner Mutter geben?
Oerding Konkret schwebt mir noch nichts vor. Aber ja, irgendwann werde ich sicher auch über meine Mama schreiben, zu der ich ein ebenso gutes Verhältnis habe wie zu meinem Vater.
Wie sehr überraschte Dich die Ehrung Anfang Dezember mit dem Paul-Lincke-Ring 2023, dem Preis für die besonderen Verdienste um die deutschsprachige Unterhaltungsmusik?
Oerding Außer bei der Echo-Verleihung – da kann man sich den Preis anhand der Zahlen fast ausrechnen – kommen alle andere Auszeichnungen überraschend. Der Paul-Lincke-Ring ist eine große Ehre für mich, zumal ich mich zu namhaften Vorgängern einreihen darf. Ich sehe es als Bestätigung für meine Arbeit. Ich werde bei deutschsprachigen Texten bleiben. Das schließt nicht aus, dass es etwa Duos in englisch oder auch Cover-Versionen in anderen Sprachen geben wird. Im Album habe ich einen türkischen Part drin. Und wer weiß, vielleicht singe ich beim Konzert in Kapellen einen Song in niederländisch?
Mal in alle Alben kurz hineingehört vom Anfang der Karriere bis heute hineingehört. Da hat sich einiges verändert: Rhythmus, Texte, Stimme. Sind die Inhalte tiefgründiger geworden?
Oerding Mal ganz pathetisch gesagt: Das Leben hat mich reifen lassen. Das betrifft mein Umfeld, gesellschaftliche wie politische Themen. Stimme, Ausrüstung und Sound ja auch, man wird besser, routinierter. Vor 17 Jahren war die deutsche Sprache noch nicht so relevant wie heute. Da hatte ich schon mal erst die Melodie im Kopf, und dann den Text geschrieben. Der Anspruch ist heute anders: Die Leute hören in jeden meiner Texte hinein. Und irgendwie sind sie auch authentisch.