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24h-Rennen Le Mans 2021 - Ergebnis & Analyse: Toyota mit Problemen zum vierten Sieg

24hRennen Le Mans 2021  Ergebnis  Analyse Toyota mit Problemen zum vierten Sieg
Toyota schreibt die Erfolgsgeschichte auch mit den neuen Hypercars fort. Die Japaner verteidigen ihren Titel und siegen zum vierten Mal in Le Mans. Diesmal gewinnen Kamui Kobayashi, Mike Conway und Jose Maria Lopez. Bei den GT-Autos triumphiert Ferrari g
24h-Rennen Le Mans 2021 - Ergebnis & Analyse Toyota mit Problemen zum vierten Sieg

Das Rennen begann auf nasser Strecke und endete auf trockener Bahn mit einem weiteren Pflicht-Sieg für Toyota. Es ist der vierte in Serie für den japanischen Auto-Riesen. Und der erste in der neu ausgerufenen Hypercar-Klasse, die anstelle der alten LMP1-Autos die Speerspitze in Le Mans ist. Der Erfolg für den GR010 Hybrid mit der Startnummer 7 war zu keiner Zeit gefährdet.

In den letzten drei Ausgaben des berühmtesten 24h-Rennens weltweit mussten Mike Conway, Kamui Kobayashi und Jose Maria Lopez den größten Pokal im Langstreckensport jeweils den Teamkollegen aus dem Schwesterauto überlassen. Diesmal schlug das Trio selbst zu. Diesmal lief es für sie ab der ersten Rennminute. Startfahrer Conway kam ohne Probleme durch die ersten Runden im Nassen, während Buemi da schon unverschuldet ins Hintertreffen geriet.

Zwei schleichende Plattfüße im ersten Rennteil zwangen den 7er Toyota zwei Mal früher an die Box als ursprünglich eingeplant, kosteten allerdings kaum Zeit. Das führende Auto verwaltete, und hatte stets das richtige Timing in den vier Safety-Car-Phasen. Kleinere Ausrutscher am Sonntagvormittag, Lopez rodelte zwei Mal durchs Kiesbett, überstand der GR010 Hybrid ohne sichtbare Blessuren. Kobayashi kam die Ehre zuteil, den rund 700-PS-Hybrid-Rennwagen ins Ziel zu steuern. Für den Japaner ist es wie für seine Teampartner Conway und Lopez der erste Sieg in Le Mans.

Toyota GR010 Hybrid - Startnummer #7 - Hypercar - 24h-Rennen Le Mans 2021
xpb

Der 7er Toyota bestimmte das Renngeschehen vom ersten bis zum letzten Meter.

Die Übermacht Toyota

Fünf Autos starteten in der neuen Hypercar-Klasse. Alle fünf überstanden überraschend die Marathon-Distanz, obwohl nur der Alpine A480-Gibson auf bewährter Technik aufbaut. Das Auto mit der Startnummer 36 – gefahren von Nicolas Lapierre, André Negrão und Matthieu Vaxivière – basiert auf dem alten Rebellion R13. Alpine war wie Glickenhaus kein echter Herausforderer für Toyota über die Distanz.

Es war im Vorfeld bereits klar, dass die Japaner auch nach dem Reglementswechsel nur über die eigenen Füße würden stolpern können. Toyota hat mehr Geld als seine privaten Konkurrenten. Es floss mehr in die Vorbereitung, die Simulationen sind ausgefeilter, die Werkzeuge in der Fabrik und an der Rennstrecke besser, die Handgriffe geübter, die Abläufe eingespielter. Toyota wird erst in den nächsten Jahren Konkurrenz auf Augenhöhe bekommen. 2022 voraussichtlich mit Peugeot, ab 2023 mit Porsche, Audi, Ferrari. Solange erfüllte man die Pflicht.

Und doch zeigte sich am GR010 mit der Startnummer 8, das es kein Spaziergang war. Sebastien Buemi, Kazuki Nakajima und Brendon Hartley schleppten sich mit Problemen über die 24 Stunden. Am Start räumte sie der Glickenhaus (#708) mit Olivier Pla am Steuer in der ersten Schikane ab. Der Franzose hatte sich mit dem Bremspunkt völlig verschätzt und krachte ins Heck des Toyota.

So viel Risiko sollte man am Start eines 24h-Rennens nicht eingehen. Zu Plas Ehrenrettung muss man jedoch sagen, dass es die ganze Woche über in Le Mans trocken gewesen war. Der Vortest, alle Trainings, die Quali, die Hyperpole, das Warum-up. Nie drehten die Fahrer auf glitschigem Untergrund ihre Runden. Zwei langsame Runden hinter dem Pace Car hatten Pla nicht ausgereicht, um die Streckenverhältnisse richtig einzuschätzen.

Toyota GR010 Hybrid - Startnummer #8 - Hypercar - 24h-Rennen Le Mans 2021
xpb

Zu viel Pannen: Die Vorjahressieger mussten sich mit Platz zwei abfinden.

Langweiliges Rennen um Gesamtsieg

Buemi schleppte sich weiter, doch sein Auto war sichtbar angeschlagen. Noch in der ersten Runde führte der Schweizer ein Reset auf der Rennstrecke durch. In Summe waren da bereits eineinhalb Minuten auf das Schwesterauto verloren. Es dauerte 16 Runden, bis Toyota die Doppelspitze hergestellt hatte, die bis ins Ziel halten sollte. Obwohl der 8er Toyota nach und nach auseinander zu fallen drohte. Nach zwei Stunden kollidierte Buemi mit einem LMP2-Auto und beschädigte sich eine Felge. Am Sonntag begann das Auto zu vibrieren – offenbar ausgehend vom Unterboden. Das Getriebe zwickte zwischendrin, und vor allem die Betankung verursachte Sorgenfalten bei Ingenieuren und Mechanikern.

Sie konnten den Tank des zweiten GR010 nicht mit ausreichend mit Benzin füllen, weshalb sich die Stints jeweils verkürzten. Teils auf nur drei bis fünf Umläufe vor dem nächsten Boxenbesuch. Knapp sechs Stunden vor Rennende musste Buemi auf dem Circuit de la Sarthe erneut einen Reset der Elektronik durchführen. Mit diesen Gebrechen, und in Summe vier Boxenstopps mehr, war gegen das Schwesterauto nichts auszurichten. Im Ziel trennte die Toyota über eine Runde.

Nicht einmal Schauer zwischendurch brachten Spannung in den Toyota-Zweikampf um den Gesamtsieg. So erlebten die Fans an der Rennstrecke und vor den TV-Bildschirmen einen Durchmarsch des 7er Toyota vom ersten bis zum letzten Meter. Die allradangetrieben Toyota bestimmten die Pace im Nassen und im Trockenen. Sie sind auch die einzigen Autos in der Topklasse, die mit einem Hybridsystem fahren.

Privatduell: Alpine schlägt Glickenhaus

Alpine und Glickenhaus verloren in der Hyperpole auf eine schnelle Runde mehr als eineinhalb Sekunden. Und auch im Renntrimm schrumpfte der Abstand nicht. Im Gegenteil. Was die Strategie-Software von Alpine errechnet hatte – einen Verlust von rund einer Sekunde pro Runde – trat jedenfalls nicht ein. Toyota spielte seine Vorteile mit dem 7er Auto gnadenlos aus. Nach drei Stunden war der einzige Alpine (#36) bereits überrundet. Zur Halbzeit trennten ihn drei Runden vom Spitzenreiter. Genug Puffer für Toyota, um Sicherheit walten zu lassen.

Die Privatteams schlugen sich dennoch mehr als achtbar. Alpine erlebte einen Schreckmoment in der zweiten Runde, als sich Lapierre auf nassem Asphalt ausgangs Indianapolis drehte und in die Fänge des großen Feldes geriet. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis er sicher wenden und weiterfahren konnte.

Nach sieben Stunden hätte es für die Franzosen vorbei sein können. Matthieu Vaxiviere segelte in der ersten Schikane der Mulsanne-Gerade ins Kiesbett. Es sah danach aus, dass er beim Überrunden auf einen nassen Fleck geraten war und mit fallender Reifentemperatur die Hinterachse überbremste. Ein Kran musste den A480 aus dem Falle heraushelfen. Der dritte Platz war vorerst weg. Es entbrannte danach ein Zweikampf gegen den Glickenhaus 007 LMH mit Luis Felipe Derani, Franck Mailleux und Olivier Pla. Die Aufholjagd bescherte Alpine doch noch den Podestplatz.

Alpine A480 Gibson - Startnummer #36 - Hypercar - 24h-Rennen Le Mans 2021
xpb

Alpine schlägt Glickenhaus: Im Duell der Privateinsätze haben die Franzosen die Oberhand.

Der A480 absolvierte überwiegend Stints von 12 Runden bis zum Nachtanken. Glickenhaus schaffte längere Ausfahrten, sparte sich mit drei Boxenhalts weniger über vier Minuten, war aber im Gegenzug langsamer auf der Strecke. Nach dem Unfall in der Startphase büßte der 708er Glickenhaus eine Strafe von zehn Sekunden. Zunächst schlugen sich die US-Renner mit den LMP2-Autos herum. Je länger das Rennen andauerte, desto mehr befreite man sich aus ihren Fängen.

Die Probleme der vorhergegangenen Sechsstunden-Rennen in der Sportwagen-Weltmeisterschaft – hoher Bremsverschleiß, loses Heck in schnellen Kurven, Traktionskontrolle – brachte die private US-Mannschaft größtenteils in den Griff. Alpine verdiente sich aufgrund des Speeds jedoch den dritten Platz. Milliardär Jim Glickenhaus wird sein erstes Le Mans-Abenteuer trotzdem genossen haben. Der zweite Glickenhaus 007 LMH (#709) kam die ganze Woche nicht auf die Geschwindigkeit des Schwesterautos und wurde Fünfter.

Viele Unfälle in der LMP2

In der LMP2 dünnte sich das Favoritenfeld am Samstagabend aus. In der Nacht sortierte es sich, und brachte das WRT-Team zu einer Doppelführung. Die belgische Mannschaft trat erstmals bei den 24 Stunden von Le Mans an und machte den Klassensieg unter sich aus. In der Frühphase hatte noch die Jota-Mannschaft das Geschehen bestimmt. Antonio Felix da Costa brillierte im Oreca-07-Gibson mit der Startnummer 38 und fuhr im Nassen eine halbe Minute auf die Verfolger heraus.Teamkollege Anthony Davidson versenkte den Jota-LMP2 jedoch nach 2:43 Stunden im Kiesbett. Der Zeitverlust von rund sieben Minuten war der Genickbruch.

In der sechsten Rennstunde wurde es in der LMP2 wild. Es ereigneten sich zahlreiche Unfälle bei einsetzendem Regen. Die Autos blieben auf Slicks. In einen Zwischenfall war Sophia Flörsch verwickelt. Der G-Drive-Aurus mit Franco Colapinto am Steuer (Startnummer 26) schlitterte der Münchnerin vors Auto. Ein Treffer beförderte sie in die Leitplanke. Beim Zurückrollen vor den Porsche-Kurven bretterte dann noch James Winslow in einem weiteren LMP2 (#74) in ihre Seitentür. Flörsch musste nach der Unfallserie für Sicherheitschecks ins Medical Center, wurde aber schnell entlassen.

Die Vorjahressieger von United Autosport knockten sich durch Unfälle und technische Gebrechen selbst aus. Manuel Maldonado (#Startnummer 32) schoss nach einem Ausflug durchs Kiesbett der ersten Schikane auf der GP-Strecke seitwärts in Paul di Resta (#23). Der dritte United Autosport aus der LMP2 quälte eine defekte Lichtmaschine. So war man chancenlos.

WRT nutzte die vielen Ausfälle. Eineinhalb Stunden vor Rennende kam es zum teaminternen Platztausch. Die 41 ging an der 31 vorbei. Der zweite WRT erlitt in der Schlussphase ein Problem mit den eingebauten Wagenhebern. Robert Kubica, Louis Deletraz und Yifei Ye sahen wie die sicheren Siegen bei den Prototypen aus, wo sich Profifahrer und Amateure mixen. Doch in der letzten Runde rollte der 41er WRT aus. Ein Drama, das spannend weiterging. Robin Frijns, Ferdinand Habsburg und Charles Milesi retteten die Klassensieg für WRT um 0,7 Sekunden gegenüber dem Jota-Oreca mit der Startnummer 28.

Richard Mille Racing Team - Oreca 07 Gibson - Startnummer #1 - LMP2 - 24h-Rennen Le Mans 2021
ACO

Sophia Flörsch schied nach Unfall aus. In der LMP2 krachte es an mehreren Stellen.

Porsche nur dritte Kraft

In der LMGTE Pro war Vorjahressieger Aston Martin gar nicht am Start. Nur Ferrari, Porsche und Corvette waren in einem ausgedünnten Klassenfeld gemeldet. Ferrari strampelte zum Sieg vor Corvette. Porsche hatte nicht den Speed, um gegenzuhalten. Die Zuverlässigkeit hatte der deutsche Sportwagenhersteller zwar im Vergleich zu 2020 aussortiert. Doch Porsche haderte mit der Fahrzeugeinstufung des RSR. Zur Überraschung von Experten fiel der Elfer hinten runter. Ferrari und Corvette hatten das stärkere Paket.

Die Porsche-Fahrer klagten über die falsche Reifenwahl am Start. Auf einer schnell abtrocknenden Strecke fehlte den Werks-Elfern der notwendige Grip. Später im Rennen zeigten sich die Piloten nicht vollends zufrieden mit der Fahrzeugbalance. Auf den Geraden konnten die Porsche nur im Windschatten mithalten. Bei freier Fahrt fehlte offenbar der Topspeed.

Fünf Stunden vor Zielflagge kam es zum Positionswechsel bei Porsche. Die 92 (Kevin Estre, Neel Jani, Michael Christensen) durften am Auto ihrer Kollegen (#91, Gianmaria Bruni, Richard Lietz, Frederic Makowiecki) vorbeifahren. Eine Stunde vor Schluss ackerte Makowiecki durch den letzten Sektor und verlor daraufhin das Heckteil. Mehr als der Podestplatz in der GT-Klasse für Profis mit dem 911 RSR mit der Startnummer 92 war für Porsche nicht drin – zumal man Pech mit dem Timing der Safety Cars hatte und Zeit einbüßte. Porsche verließ Le Mans mit hängenden Köpfen. Die Mechaniker durften sich dennoch auf die Schulter klopfen. Sie hatten das 92er Auto nach einem Unfall in der Hyperpole neu für das Rennen aufgebaut.

Ferrari 488 GTE Evo - Startnummer #51 - LMGTE Pro - 24h-Rennen Le Mans 2021
Ferrari

Ferrari rang in der LMGTE Pro sowohl Corvette als auch Ferrari nieder.

Ferrari-Sieg auch in LMGTE Am

Ferrari boxte sich zum Sieg. Wörtlich. Auf dem Weg in die Aufwärmrunde demolierte der 488 GTE Evo der späteren Gewinner (James Calado, Alessandro Pier Guidi, Come Ledogar) der Corvette C8.R mit der 64 den Heckdiffusor. Ein Foul, das der Ferrari unverletzt überstand. Einsatzteam AF Corse hatte mit seinem Rennwagen einen Vorteil beim Speed, obwohl die Balance of Performance den Ferrari rund zehn PS geraubt hatte, und ihnen drei Liter weniger Benzin pro Stint zugestand.

Corvette durfte zwar sieben Kilogramm ausladen, zeigte eine bessere Rennpace als angenommen, war aber einen Tick langsamer. Auch ohne die Zehnsekundenstrafe für die C8.R mit der Startnummer 63 lag der Sieg nicht in Reichweite. Zumindest nicht aus eigener Kraft. Die Amerikaner waren aber so nah dran, dass Ferrari sich keine Panne leisten durfte. Ein Reifenschaden, und schon wäre Corvette vorbei gewesen. Die Autos lagen im Ziel 41,6 Sekunden auseinander.

Mit Problemen setzte sich das Schwesterauto auseinander. Am 52er Ferrari gab die linke Hinterradaufhängung nach, was eine lange Reparatur in der Box erforderte. Dazu humpelte das Auto im letzten Renndrittel mit einem Reifenschaden vorne rechts zur Box. Die zweite Corvette verabschiedete sich mit Kupplungsproblemen aus dem Fight um den Klassenerfolg.

Bleibt noch die GT-Klasse für Amateurfahrer. Dort setzte sich das Trio um Francois Perrodo, Nicklas Nilsen und Alessio Rovera durch (Startnummer 83). Ebenfalls Ferrari. Ebenfalls AF Corse.

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