EM 2021: Morata war schon vor dem Halbfinal-Aus Spaniens Sündenbock
Alvaro Morata lief einen kleinen Bogen. Der Spanier machte vier Schritte, bevor er den Ball mit der rechten Innenseite schoss. Sein Elfmeter ging flach nach halbrechts. Dort wartete Italiens Torwart Gianluigi Donnarumma bereits, um den Schuss abzuwehren. Es war die entscheidende Szene im Elfmeterschießen des Halbfinals der Europameisterschaft, an dessen Ende Italien mit 5:3 gewann und ins Endspiel einzog.
Das Halbfinale, in dem Spanien die bessere Mannschaft war, war für Morata ein Spiegelbild des gesamten Turniers. Er saß zunächst nur auf der Bank, brachte Spanien mit seinem Tor zum 1:1 nach seiner Einwechslung in die Verlängerung und wurde im Elfmeterschießen zum tragischen Helden.
In der Heimat wird wohl nur über seinen Fehlschuss und nicht den schönen Treffer zum Ausgleich, der sein drittes Turnier-Tor war, geredet werden. Es begann schon im ersten EM-Spiel gegen Schweden. Beim dürftigen 0:0 gegen Schweden in Sevilla gab es die ersten Pfiffe von den eigenen Fans gegen den 28-Jährigen, weil er einige Chancen ausließ. Sein Trainer Luis Enrique nahm ihn nach dem Remis in Schutz: „Morata wird noch beweisen, wie wichtig er für uns ist.“ Er sollte damit richtig liegen.
Morddrohungen gegen Morata und seine KinderDenn der Stürmer von Juventus Turin erzielte im zweiten Gruppenspiel gegen Polen das 1:0, vergab danach aber mehrere Großchancen. Sehr zum Ärger der Fans, die Pfiffe wurden lauter. „Die Leute sollen sagen, was sie wollen. Wir leben in einem Land, in dem es kostenlos ist, seine Meinung abzugeben. Also lassen Sie sie reden“, sagte Morata nach dem 1:1 gegen Polen.
Aus dem Stürmer platzte die Wut heraus und der Mob war alarmiert. In den sozialen Netzwerken begann eine regelrechte Hetzjagd gegen die 28-Jährigen, der mit einer Italienerin verheiratet ist.
„Meine Kinder sind nach Sevilla gereist und hatten den Namen ihres Vaters auf dem Trikot. Ich verstehe Kritik, wenn man seinen Job nicht erledigt, aber es gibt eine Grenze. Einige Leute haben gesagt, sie wünschen meinen Kindern den Tod. Ich musste mein Telefon weglegen“, sagte Morata beim Radiosender „Cadena Cope“.
Auch nach dem Tor in der Verlängerung des Achtelfinals gegen Kroatien verhallte die Kritik, die oft unter der Gürtellinie war, nicht. Sie wird es wohl auch nach dem verschossenen Elfmeter nicht leiser werden.