Timo Werner: Licht bei RB Leipzig - Schatten in der deutschen Nationalmannschaft
Dass Timo Werner in der ersten Einheit der Nationalmannschaft am Dienstag mit einer Art Maske trainierte, lud zum Rätseln ein. Weniger wegen des Grunds (gegen die Kälte), sondern wegen der Frage: Welches seiner zwei Gesichter verbirgt sich darunter? Der Strahlemann Werner aus Leipzig oder der zurückhaltende DFB-Werner. Auf dem Papier war eine Antwort angesichts der EM-Qualifikationsspiele gegen Weißrussland an diesem Samstag (20.45 Uhr) und Nordirland am Dienstag (20.45 Uhr) schnell gefunden.
Und doch hofft man, dass der Stürmer auch im Nationaltrikot noch mehr von dem zeigt, was er bei RB Leipzig gerade regelmäßig abliefert. Der Kontrast fällt besonders auf, weil Werner meist eine Menge Tore (und neuerdings auch Vorlagen) für seinen Klub beisteuert, bevor er zum DFB reist. Zuletzt gegen Hertha BSC waren es zwei Treffer und ein Assist. Im Spiel zuvor, gegen Mainz, lieferte er jeweils drei.
Bereits in der Länderspielpause im September war Werner nach einem Dreierpack gegen Borussia Mönchengladbach zur Nationalmannschaft gekommen. Leistungsmäßig daran anknüpfen konnte er in den vier DFB-Spielen nicht. Gegen die Niederlande und Nordirland wurde er ausgewechselt, gegen Argentinien fehlte er krank, in Estland erzielte er, für 24 Minuten eingewechselt, immerhin seinen elften Treffer – in 28 Länderspielen. Eine beachtliche Quote für einen 23-Jährigen. In Leipzig ist sie noch besser: 76 Treffer in 131 Pflichtspielen.
Der DFB-Kader für die Spiele gegen Weißrussland und Nordirland
Im Klub hat Werner noch einen Entwicklungsschub erfahren – was mit Julian Nagelsmann zusammenhängt. Der neue RB-Trainer sah sich nach der nicht für möglich gehaltenen Vertragsverlängerung des Angreifers in der Bringschuld, diesen noch besser zu machen. Beziehungsweise: vielseitiger.
Nicht ersichtlich an seiner famosen Saisonausbeute von 15 Treffern in 17 Pflichtspielen ist, wie intensiv Werner dabei ins Leipziger Spiel eingebunden ist. Teilweise lässt er sich bis an die Mittellinie fallen, um nach Räumen zu fahnden. Entweder, um dort hineinzustoßen, oder um seine Mitspieler in Szene zu setzen. Sieben Vorlagen sind Ausweis seiner neuen Qualität. Manchmal fungiert Werner fast als Spielmacher. „Gegen tief stehende Gegner habe ich mich bereits verbessert“, sagt er selbst.
All das sollte ihm doch auch beim DFB helfen, wo er mit der offensiven Dreierreihe, in der jeder mal rechts, links und in der Spitze spielt, manchmal fremdelt. Und in der er mit Marco Reus, Julian Brandt und (dem aktuell verletzten) Leroy Sané große Konkurrenz hat. Einen Startelfeinsatz gegen Weißrussland hat Werner mit seiner momentanen Form quasi sicher – und konkrete Vorstellungen dafür: „Wir wollen am liebsten hoch gewinnen, und dann würde ich auch gern ein, zwei Tore schießen.“
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