Erste TV-Übertragung der Zeremonie: Wie der SPIEGEL 1953 über ...
Mit Kopfhörern verfolgten die deutschen Fernsehsprecher in Köln, was die Engländer sagten. Zugleich konnten sie abhören, wie die eigene deutsch kommentierte Sendung nun in den Äther ging. Die deutschen Kommentare, die dem des Englischen kundigen Fernseher beinahe zu reichlich erschienen, ließen es zum Beispiel an Ausführlichkeit dort vermissen, wo Einzelheiten über die Persönlichkeiten des Krönungszuges am Platze gewesen wären. Die stolz zu Rosse trabenden Feldmarschälle Auchinleck und Ironside, die bekannten Politiker und Generäle wurden nicht angesagt oder nur kursorisch genannt.
Als Sprecher Udo Langhoff dann bei der Abendübertragung allein kommentieren musste, geriet er ins Schwimmen. Außer krassen Übersetzungsfehlern – er ließ die Königin die »Beleuchtung« Londons (statt die Festbeleuchtung bzw. Illumination) einschalten – und falschen Zeitangaben wirkte es erheiternd, als er in einer schon einige Minuten laufenden Übertragung des Feuerwerks erläuterte: »Was Sie jetzt sehen, ist das Feuerwerk ...« Überhaupt beschrieb er vieles, was die Zuschauer sowieso auf dem Bildschirm deutlich sahen.
Zwar konnten die Londoner Fernsehleute keine Scheinwerfer für eine szenengerechte Ausleuchtung in der Westminster-Abtei aufstellen, aber ihre Image-Orthikon-Kameras (die jetzt auch der NWDR und der Bayerische Rundfunk verwenden) benötigen weniger Licht als der Schwarzweiß- und der Farbfilm. Auch das heikelste Problem, die Kameraaufstellung in der Abtei selbst, war geschickt gelöst worden. Die vier diskret postierten Kameras standen so günstig, dass sie alle Einzelheiten des Rituals einfangen konnten.
Die brausenden Chöre, die schmetternden FanfarenWährend früher nur 7000 auserlesene Repräsentanten die Krönung zu sehen bekamen, erlebten diesmal mehr als 20 Millionen Europäer die Zeremonie wie von einem Platz in der Proszeniumsloge. Noch bei der Krönung von Georg V. und der Königin Mary waren Filmaufnahmen verboten; erst 1937, bei der Krönung von Georg VI. und Königin Elizabeth, war die Technik zum ersten Mal Zeuge: Der Rundfunk durfte eine Übertragung senden.
Damals wurde auch zum ersten Mal der schüchterne Versuch einer Fernsehübertragung gemacht. An einer Ecke des Hyde Parks war ein Übertragungswagen aufgestellt worden, und seine drei schwachen, lichtbedürftigen Kameras versuchten einzufangen, was nur möglich war. Höhepunkt des Berichts, der nur eine knappe halbe Stunde dauerte, war eine kleine Verbeugung der Königin Elizabeth in Richtung Fernsehkamera. In der Sendung am Dienstag vergangener Woche sah man die Königin stundenlang. Man sah sie von nah und fern, von allen Seiten, stehend, sitzend, kniend, betend und sich gelegentlich eine Träne abtupfend.