Robbie Williams begeistert in der Lanxess-Arena in Köln auf seiner ...
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Erstellt: 06.02.2023Aktualisiert: 06.02.2023, 17:40 Uhr
Von: Tim Griese
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Robbie Williams ist auf großer Europa-Tournee. Allein in Köln steht er dreimal auf der Bühne der Lanxess-Arena. Neben Hits wie „Feel“ und „Let Me Entertain You“ spricht er offen über seine Gefühle und Entscheidungen.
Köln – Eine elfköpfige Band, sechs Tänzerinnen und eine Videowand, die größer ist als ein Volleyballspielfeld: In der Lanxess-Arena ist alles angerichtet für eine Megashow. Doch dann überrascht Robbie Williams beim ersten von drei ausverkauften Kölner Konzerten mit einem sehr persönlichen Liederabend.
Im September 2022 veröffentlichte der britische Musiker, der in wenigen Tagen seinen 49. Geburtstag feiert, sein mittlerweile zehntes(!) Compilation-Album, „XXV“, mit überarbeiteten und neu eingespielten Hits aus seiner nun mehr als 25 Jahre andauernden Solokarriere, die 1997 mit dem Album „Life Thru a Lens“ begann. Anlässlich dieses Jubiläums tourt Williams derzeit durch die Arenen Europas und lässt die Besucher – rund 16 000 sind es beim Auftritt Nummer eins in Köln – teilhaben an den großen Karrierestationen und privaten Landmarken. Mal ernst, meistens heiter erzählt er fast mehr, als dass er singt, und moderiert seine Hits voller Anekdoten und tiefer persönlicher Einblicke redegewaltig an: „Let Me Entertain You“, „Come Undone“, „Love My Life“, „Eternity“, „Feel“, „She’s the One“ und viele mehr. Robbie Williams ist längst kein Teenieschwarm mehr, schmachtende Fans hinter den Absperrgittern gibt es immer noch. Sie singen all die Songs ihres Superstars im funkelnden Kettenhemd mit.
Robbie Williams singt vor 16.000 Fans in der Lanxess-ArenaMit Preisen und Auszeichnungen wurde der Sänger in seiner Solokarriere förmlich überschüttet, 18 Brit Awards und zwölf Echos stehen in der heimischen Vitrine. Diese Trophäen gingen auch an Take That, die wohl erfolgreichste Boyband aller Zeiten, mit der Robbie Williams’ Karriere begann. Die Zuhörer in Köln nimmt er mit auf eine Zeitreise ins Jahr 1990: „Wir sollten die Musiklandschaft im Sturm übernehmen“, erinnert er sich an die Zeit vor dem Durchbruch und zeigt Ausschnitte des ersten Videos der Band zu „Do What U Like“, einer im Rückblick hochnotpeinlichen Produktion mit den nackten Hintern der Musiker. „Das Video ist scheiße! Niemand sollte es sehen“, meint auch Williams mit einem schelmischen Grinsen, wohl wissend, dass es noch abertausende Besucher in den nächsten Wochen auf seinen Konzerten großflächig zu Gesicht bekommen.
Er habe gedacht, bei Take That würden sie eine Gang werden, erinnert er sich. „Aber sowas gab es nicht. Es gab Spannungen bei fünf jungen Männern, die um ihre Positionen im Leben und diesem neuen Ding namens Showbusiness kämpften“, dekonstruiert er das gekünstelte Heile-Welt-Image von einst. „Nach einer Weile habe ich bemerkt, dass Gary Barlow all unsere Lieder sang, und ich dachte mir: Warum bekomme ich keine Chance zu singen? Als sie dann kam, habe ich sie mit beiden Händen ergriffen“, kündigt er den Take-That-Hit „Could It Be Magic“ an, unterbricht das Lied aber schon recht schnell, um sich gespielt eingeschnappt über eine Zuhörerin zu ärgern, die auf der Tribüne ihren Platz verlässt: „Wo gehst du hin? Zur Toilette? Nein, geh! Bleib nicht hier, nur weil du die Show ruiniert hast!“ Das Publikum lacht ausgelassen. „Vielleicht hat sie auch einen Anruf vom Krankenhaus bekommen, dass ihre Leber angekommen ist“, spekuliert er.
Robbie Williams: Bei „Angels“ leuchten die HandysRobbie Williams ist ein Meister des Spagats: Im einen Moment ist er bierernst, im anderen blödelt er herum. Einmal ist er das Raubein, dann der Traum aller Schwiegermütter, auf der einen Seite Schmusesänger, auf der anderen Rockstar. Ein Wendehals allerdings ist er nie gewesen. Keiner, der fuchsschwänzelt, der als Fähnchen im britischen Küstenwind herumschwirrt. Er ist authentisch, unbequem, mit Ecken und Kanten, immer gut für das Unerwartete, der für große Augen und Kopfschütteln sorgte, der seinen Ruhm auskostete, Regeln brach und irgendwann kurz davorstand, mit all dem, was das Leben als Berühmtheit mit sich brachte, zugrunde zu gehen.
„Eine Stimme in meinem Kopf machte mich glauben, ich sei nicht gut genug und verdiene es nicht, auf der Bühne zu stehen“, gibt er in Köln einen Einblick in sein Seelenleben. 2006 habe er sich entschlossen, zurückzutreten. „Ich habe es niemandem erzählt, aber ich habe es getan. Ich saß auf dem Sofa und ließ mir einen Bart wachsen, ich sah aus wie ein Serienmörder. In dieser Zeit war ich so depressiv, dass ich mich einige Male fragte, welchen Sinn es machte, auf diesem Planeten zu sein, wenn es so schmerzvoll war.“ Zwei Dinge hätten ihn gerettet: seine Frau Ayda und seine Fans, die weiterhin zu seinen Shows kamen.
Dann lässt er die Halle abdunkeln und singt „Angels“, während im Publikum tausende Handylichter leuchten. Ein wunderbar gefühlvolles Ende.
8.2. Köln, 15./16.2. Frankfurt, 20./21.2. Berlin, 24.2. Hamburg