Regierungsbildung: Klingbeil dämpft Erwartungen an rasche ...

Einen Tag nach der Bundestagswahl sieht die SPD nach Worten ihres Co-Parteichefs Lars Klingbeil keinen Automatismus für eine gemeinsame Regierung mit der Union. Klingbeil wiederholte im ARD-Brennpunkt seinen Standpunkt zu den Verhandlungen: Es sei noch überhaupt nicht ausgemacht, ob es eine Regierung mit den Sozialdemokraten geben werde. "Der Ball liegt bei Friedrich Merz. Der hat jetzt die Verantwortung, Gespräche zu führen."
Inhaltlich habe es im Wahlkampf große Differenzen gegeben, sagte Klingbeil. Der CDU-Chef müsse jetzt sagen, wie er sich eine künftige Regierung vorstelle. "Darüber werden wir sicherlich reden, wenn er sich meldet. Aber es ist unklar, ob Friedrich Merz bereit ist, sich an vielen Stellen, wo wir als SPD Lösungen für die Bürgerinnen und Bürger wollen, sich da zu bewegen." Die arbeitende Mitte brauche mehr Geld im Portemonnaie, die Renten müssten stabilisiert und milliardenschwere Investitionen angeschoben werden. "Die Erwartung ist schon, dass Merz seinen Kurs und auch seinen Ton deutlich ändert", sagte Klingbeil im heute journal des ZDF.
Mitgliederentscheid der SPD könnte entscheidend sein
Als Kernthemen künftiger Gespräche kündigte Merz drei Punkte an, die er "prioritär" mit der SPD für eine Regierungsbildung besprechen wolle. Dies seien die Außen- und Sicherheitspolitik, die Migrationspolitik und die Stärkung der Wirtschaft. Merz sagte, er wolle "konstruktive, gute, zügige Gespräche" mit der SPD, um "in etwa bis Ostern" eine Regierung zu bilden. Die Union und die SPD kämen zusammen auf 328 der insgesamt 630 Sitze im Bundestag und hätten damit eine klare Mehrheit im Parlament.
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Klingbeil sagte allerdings nach Beratungen der Spitzengremien seiner Partei: "Ob es zu einer Regierungsbildung kommt, ob die SPD in eine Regierung eintritt, das steht nicht fest." Am Ende werde es einen Mitgliederentscheid über eine Koalition mit der Union geben.
Klare Forderungen an den möglichen künftigen Koalitionspartner stellte auch Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD). Der Zeitung Bild sagte er, für eine "auskömmliche Ausstattung" der Bundeswehr brauche es eine Ausnahme von der Schuldenbremse. Der Verteidigungshaushalt müsse sich in den kommenden Jahren auf über 100 Milliarden Euro verdoppeln. "Wir reden über mehr als drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Das lässt sich nicht zulasten anderer Bereiche absparen", sagte Pistorius. Die Schuldenbremse drohe zur Bürde für die Sicherheit zu werden.
Merz will noch vor Regierungsbildung Schuldenbremse aufweichen
CDU-Chef Merz hatte zuvor Vorschläge von Grünen und SPD aufgegriffen, eine Finanzierung von Verteidigungsausgaben abseits der Schuldenbremse noch im alten Bundestag durchzusetzen. Gemeinsam mit SPD, Grünen und FDP gebe es dort noch eine Zweidrittelmehrheit für Grundgesetzänderungen, die bis zum Zusammentritt des neuen Parlaments Ende März genutzt werden könne, sagte Merz am Montag in Berlin. Im nächsten Bundestag haben AfD und Linkspartei zusammen genug Stimmen, um eine Grundgesetzänderung zu blockieren.
Gegen eine Lockerung der Schuldenbremse sprach sich hingegen der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei, aus. Die Schuldenbremse im Grundgesetz sei richtig und gut, sagte der CDU-Politiker dem ZDF. "Man darf jetzt nicht den Fehler machen, alle Schleusen zu öffnen für alle Herausforderungen, die da möglicherweise kommen."
Söder erwartet Zustimmung der SPD zur Koalition mit der Union
Der CSU-Vorsitzende Markus Söder rechnet trotz inhaltlicher Differenzen mit der SPD mit einem Ja der Sozialdemokraten zu einer Koalition mit der Union. Im ARD-Brennpunkt sagte er, "dass die SPD immer eine Partei war, die war staatstragend, voller Verantwortung". Trotzdem werde es "einiges zu diskutieren geben, und da wird auch mancher dicke Brocken zu diskutieren sein".
Söder machte eine Koalition mit der SPD auch davon abhängig, dass die Wahlrechtsreform der Ampel wieder gekippt wird. "Das war ein unfaires Verfahren", sagte Söder und sprach von einem "Racheakt der Ampel am Süden".
Miersch sieht keinen "Automatismus" für eine Koalition mit der Union
Zuvor hatte auch der SPD-Generalsekretär Matthias Miersch eine Koalition mit CDU und CSU hinterfragt. "Es gibt keinen Automatismus", sagte Miersch dem Sender Phoenix. Er sei "sehr schockiert" über die Aussagen von CDU-Chef Friedrich Merz, "auch gegenüber anderen politischen Gruppierungen". Insofern werde zunächst viel miteinander zu sprechen sein, sagte Miersch.
Als ein zentrales Thema für Koalitionsverhandlungen sieht Miersch demnach die Handlungsfähigkeit des Staates. "Auch die finanzielle Handlungsfähigkeit wird elementar darüber entscheiden, ob wir die großen Herausforderungen beispielsweise in Sachen Verteidigungsfähigkeit stemmen können und hier nicht Güter gegeneinander ausspielen", sagte der SPD-Generalsekretär. Bei diesen Fragen werde seine Partei ein eigenständiges Profil zeigen.
"Wir werden sicherlich intensive Verhandlungen haben und danach werden wir sehen, ob es ausreichend Schnittmengen gibt", sagte Miersch. Zudem sei er "sehr sicher, dass am Ende auch die SPD die Mitglieder befragen wird". Mit Blick auf die Lage der SPD nach ihrer Wahlniederlage vom Sonntag sagte der Generalsekretär, die Partei brauche nun eine Erneuerung.
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Stimmenverteilung: Vorläufiges Ergebnis
82,5 % Wahlbeteiligung • Stand: Mo., 4.10 Uhr •Quelle: Bundeswahlleiterin
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Union
28,5 % +4,4’21 2025 -
AfD
20,8 % +10,4 -
SPD
16,4 % −9,3 -
Grüne
11,6 % −3,1 -
Linke
8,8 % +3,9 -
BSW
4,97 % – -
FDP
4,3 % −7,1
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Mögliche Koalitionen
Mehrheit mit 316 Sitzen
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Union +SPD +Grüne
413 Sitze -
Union +SPD
328 Sitze -
Union +Grüne
293 Sitze -
SPD +Grüne +Linke
269 Sitze -
SPD +Grüne
205 Sitze
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Wahlkreise
299 / 299 ausgezählt
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Vorläufiges Ergebnis Mo., 3.10 Uhr
- Union: 28,5
- AfD: 20,8
- SPD: 16,4
- Grüne: 11,6
- Linke: 8,8
- BSW: 4,97
- FDP: 4,3
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Wahlkreis ausgezählt Mo., 0.47 Uhr
Mannheim
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Wahlkreis ausgezählt Mo., 0.30 Uhr
Calw
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Sozialdemokraten nach der Wahl