Steve Jobs' 10. Todestag: Wie Tim Cook Apple umgekrempelt hat
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Stand: 05.10.2021 09:27 Uhr
Vor zehn Jahren verlor Apple-Gründer Steve Jobs seinen langen Kampf gegen den Krebs. Sein Nachfolger Tim Cook hat Jobs' Erbe nicht nur bewahrt, sondern den Konzern zumindest in Sachen Umsatz und Gewinn in eine neue Ära geführt.
Von Mark Ehren, tagesschau.de
Apple-Chef Tim Cook führt den wertvollsten Konzern der Welt seit zehn Jahren. Er folgte auf den legendären Gründer und langjährigen Vorstandschef Steve Jobs, der 2011 an Krebs gestorben war.
In die Trauer um Steve Jobs mischte sich am 5. Oktober 2011 die Sorge um die Zukunft des kalifornischen Konzerns. Zu gut erinnerten sich die Fans damals an das Jahr 1985, als Jobs Apple das erste Mal verlassen hatte. Angeblich soll Jobs vom damaligen Vorstandschef John Sculley hinausgedrängt worden sein. Die folgenden zwölf Jahre bis zur Rückkehr des Gründers im Jahr 1997 gelten als die erfolglosesten in der Geschichte des Unternehmens.
Am 27. Januar 2010 stellt der damalige Apple-Chef Steve Jobs in San Francisco eine Innovation vor: das iPad. Bild: JOHN G MABANGLO/EPA-EFE/REX
Doch anders als damals hatte Jobs Tim Cook explizit als seinen Nachfolger auserkoren, nachdem Apple seine Produktion unter der Leitung von Cook radikal umgestaltet hatte. Die Herstellung erfolgt seitdem zum allergrößten Teil bei Lohnfertigern in China wie beispielsweise Foxconn. Die Lagerbestände sollen nicht mehr wie früher für Monate, sondern nur noch für wenige Wochen beziehungsweise Tage reichen. "Niemand will saure Milch kaufen", heißt das in der Logik von Cook.
In den zehn Jahren als Apple-Chef hat es Cook geschafft, Umsätze und Gewinne in völlig neue Dimensionen zu befördern. Von 108 Milliarden Dollar kletterten die Jahreserlöse bis 2020 auf knapp 275 Milliarden Dollar. Die Gewinne stiegen von 26 auf gut 57 Milliarden Dollar.
Großer Erfolg der Apple WatchMit diesen Gewinnen im Rücken hat der Konzern unter Cooks Leitung neben der Weiterentwicklung des iPhones und anderer erfolgreicher Produkte auch eine ganze Reihe neuer Hardware-Produkte auf den Markt gebracht. Als bisher größter Erfolg gilt die Apple Watch, mittlerweile in der siebten Generation. Schon seit einigen Jahren nimmt Apple am Uhrenmarkt die weltweite führende Position ein und hat Unternehmen wie Swatch in die Enge getrieben.
Inzwischen ist die Apple Watch weit mehr als ein bloßes Anhängsel des iPhones. Mit immer neuen Gesundheitsfunktionen trifft Apple offenbar den Nerv einer zumindest in den Industrieländern alternden Gesellschaft - anfangs galt die Apple Watch allerdings als möglicher Flop, da der Konzern keine konkret aufgeschlüsselten Verkaufszahlen veröffentlichte und damit die Zweifel von Marktbeobachtern am Erfolg der Smartwatch nährte.
Auch an anderer Stelle hat Cook bewiesen, dass er sehr wohl eigene Akzente setzen kann. Unter seiner Führung brachte Apple erfolgreiche Produkte auf den Markt, die Jobs immer abgelehnt hatte: das iPad Mini, größere iPhones und insbesondere den Apple Pencil. Einen so genannten "Stylus" hatte Jobs vehement angefeindet; seiner Meinung nach war der menschliche Finger das beste Bedieninstrument überhaupt.
Doch trotz des Erfolgs dieser neuen Hardware-Produkte, zu denen auch die drahtlosen Kopfhörer AirPods gehören, ist Apple immer noch stark davon abhängig, ob die jedes Jahr im Herbst vorgestellten neuen iPhone-Modelle wirklich gut bei der zahlungskräftigen Kundschaft ankommen. Denn ungeachtet aller Neuerungen: Die streckenweise bahnbrechende Innovationskraft eines Steve Jobs geht Tim Cook auch nach zehn Jahren noch ab.
Es zählt längst nicht mehr nur die HardwareImmerhin hat sich der besonders margenträchtige "Services"-Bereich als zweite wichtige Säule etabliert. Dazu gehören neben dem klassischen App Store und dem Speicherdienst iCloud unter anderem auch Apple Music und mit deutlichen Abstrichen der noch junge TV-Streaming-Dienst Apple TV+. Und auch die erfolgreiche Expansion in den Bereich Finanzdienstleistungen mit dem auch in Deutschland verfügbaren Bezahldienst Apple Pay und der exklusiv in den USA erhältlichen Kreditkarte Apple Card wäre wohl unter Jobs' Ägide nicht selbstverständlich gewesen.
Unter Cooks Führung ist Apple zudem dabei, die Halbleiterbranche durcheinander zu wirbeln. Im November 2020 hatte Apple angekündigt, bei immer mehr Mac-Computern und Notebooks nicht mehr auf Produkte des Marktführers Intel zurückzugreifen. Vielmehr setzt Apple eigens entwickelte Chips ein, die der Konzern zuvor nur für Mobilgeräte wie iPhones und iPads entwickelt hatte. Cook revidierte damit eine Entscheidung von Jobs aus dem Jahr 2005.
Beim Umweltschutz geht Cook mit dem Zeitgeist. Der Verzicht auf bestimmte schädliche Inhaltsstoffe, der Einsatz von mehr recycelten Rohstoffen und mehr regenerativer Energie brachte Apple sogar Lob der Umweltschutzorganisation Greenpeace ein. Auch beim Thema Datenschutz gilt der US-Konzern als deutlich fortschrittlicher als die Konkurrenz wie etwa das Android-Betriebssystem von Google.
"But there's one more thing"?Vielleicht wird Cook bald ja doch noch seinem Vorgänger Jobs nacheifern, indem er dessen legendären Satz "But there's one more thing" auf einer Keynote-Veranstaltung sagen und im Anschluss ein neues revolutionäres Produkt vorstellen wird - eines, auf das die Millionen Fans der Marke schon seit langem warten.
Andeutungen hat Cook bereits in der Vergangenheit des öfteren zum Thema Augmented Reality (computergestützte Erweiterung der Realitätswahrnehmung) gemacht. "Ich denke, AR ist eine dieser wenigen tiefgreifenden Technologien, auf die wir eines Tages zurückblicken und uns fragen werden, wie wir unser Leben ohne sie gelebt haben." Und auch auf den Markt für elektrisch betriebene selbstfahrende Autos hat Apple ein Auge geworfen.
Apple-Kurs mehr als verzehnfachtDoch auch ohne bahnbrechende Neuentwicklungen in den vergangenen zehn Jahren dürften die Aktionäre mit Tim Cook zufrieden sein. Während seiner Zeit als Apple-Chef stieg der Aktienkurs um mehr als das Zehnfache. Die von Steve Jobs immer abgelehnten Dividenden sind dabei noch gar nicht mitgerechnet, die der Konzern seit einigen Jahren ausschüttet. Und beim Börsenwert liegt Apple mit weit über zwei Billionen US-Dollar selbst vor Saudi Aramco, dem größten Erdölkonzern der Welt.