"Tatort" Saarbrücken: Du machst deine verdammte Arbeit
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Auf einer Seite lesen InhaltSeite 1 — Du machst deine verdammte Arbeit
- Seite 2 — Bromance zwischen Hölzer und Schürk
Belinde Ruth Stieve ist die datenjournalistische Expertin für Geschlechterrepräsentation im deutschen Film. Im Herbst hatte sie den Anteil von Männern und Frauen in sechs Gewerken bei den Tatort-Folgen des ersten Halbjahrs 2023 bilanziert. In der Filmmusik war der weibliche Anteil am geringsten (knapp über zehn Prozent). Daran hat sich in den bislang 18 Tatort-Filmen der aktuellen Saison nichts geändert: Zweimal durften Frauen allein ran (Martina Eisenreich in Wien und Verena Marisa in Stuttgart), einmal war Linda Beecroft als Teil der Gruppe Dallas Acid in Frankfurt/Main beteiligt).
Matthias Dell
schreibt seit 2010 wöchentlich über Tatort und Polizeiruf 110. Auf ZEIT ONLINE seit 2016 in der Kolumne Der Obduktionsbericht.
Die Gründe für diese Ungleichverteilung mögen vielfältig sein, an der Qualität kann es nicht liegen. Das demonstriert die neue Saarbrücker Folge Der Fluch des Geldes (SR-Redaktion: Christian Bauer, Degeto-Redaktion: Birgit Titze, Trevor Vorjohann), wo das andauernde, konturlose Gemuckel des Komponisten Daniel Hoffknecht oft wie mittelgute Fahrstuhlmusik klingt. So passt der Soundtrack immerhin zum Film, denn der ist auch nur mittelgut.
Drehbuchautor Hendrik Hölzemann hat sich eine Geschichte ausgedacht, die in manchen Moment unfreiwillig komisch daherkommt. Im Mittelpunkt steht eine Gruppe von vier Outlaws, die sich im Saarbrücker Casino mit Glücksspiel die Zeit vertreibt und darüber hinaus mit waghalsigen Wetten – fliegt die Taube da in den nächsten zehn Sekunden weg, wer hält am längsten die Luft an, rennt am schnellsten? Oder, wie am Ende rauskommt: Wer kann in einem geklauten Auto am längsten mit geschlossenen Augen am Volant sitzen? Bei dieser Aktion zu Beginn wird Kommissar Hölzer (Vladimir Burlakov) auf der Landstraße fast angefahren und will deshalb beim darauffolgenden Unfall einer älteren Lady (Trish Osmond) nicht an die scheinbar natürliche Todesursache glauben.
Weil der Besitzer des geklauten (und wieder abgestellten) Autos im Casino war, geht Hölzer dahin, wo die Verdächtigencrew durch besondere Lautstärke dankenswerterweise auf sich aufmerksam macht. Dass sich die Vier auch abseits des Roulettetischs dem Kick des Gewinnenwollens hingeben, hat der Polizist da glücklicherweise schon gespürt. Die Aussicht auf die 100.000 Euro, die Hölzer bei einer Wette setzen will, lässt bei der Crew alle Skepsis gegenüber dem Angewanze des Polizisten sausen. Das Geld besorgt sich Hölzer von Kollege und BFF Schürk (Daniel Sträßer), der das geraubte Erbe aus seiner kriminellen Familie von der letzten Folge vor einem Jahr noch immer im Kofferraum seines Wagens mit sich führt.
Zu den Vier aus der Crew gehören der Einbrecher Dino Callas (Daniel Zillmann), der verliebt ist in Betty Hentschel (Susanne Bormann). Die wiederum mit Taleb Hamsa (Omar El-Saeidi) zusammen ist, obwohl der als gewalttätig gegenüber Frauen gilt und auch Bettys Kinderwunsch offenbar nicht erfüllen kann. Vierte in der Runde ist Luisa Becker (Jasmina Al Zihairi), die beim Wettspiel der Gruppe mit Hölzer die Nase vorn hat, dann aber leider an einer Überdosis Heroin stirbt.
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Oder vielmehr umgebracht wurde, wie sich gegen Ende herausstellt. Die Auflösung erweist sich dann als kriminalkomödiantischer Clou: Die am meisten unterschätzte Figur hat alle gelinkt. Betty Henschel sitzt, schwanger von Dino und mit der von Dino aus Schürks Kofferraum geklauten Kohle, im Flugzeug auf dem Weg in ein neues Leben. Damit ihr Taleb dabei nicht in die Quere kommt, hat Betty ihn zur Überdosisverabreichung an Luisa angestiftet und den Mord für die Polizei dokumentiert.