Verbotsgesetz in Kraft getreten: TikTok in den USA offline gegangen
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In der Nacht auf Sonntag hat ByteDance seine Dienste TikTok und Lemon8 in den USA offline genommen. Das chinesische Unternehmen baut jetzt auf Donald Trump.
TikTok ist in den USA offline gegangen. Seit kurz vor Inkrafttreten des gesetzlichen TikTok-Verbots um Mitternacht (Ortszeit Washington, DC) begrüßt US-User statt der Kurzvideos ein Hinweistext: "Sorry, TikTok isn't available right now." (Es tut uns leid, TikTok ist gerade nicht verfügbar.) Und: "Ein Gesetz, das TikTok verbietet, ist in den USA in Kraft getreten. Unglücklicherweise bedeutet dies, dass Sie TikTok bis auf Weiteres nicht nutzen können."
Dieses Gesetz mit dem Verbot TikToks hat der US Supreme Court am Freitag als zulässig bestätigt [1]. Der chinesische TikTok-Eigentümer ByteDance hat auch die Schwesterdienste Lemon8 und Marvel Snap offline genommen; der wird im Gesetz zwar nicht namentlich erwähnt, wohl aber der Mutterkonzern ByteDance.
Die Chinesen haben aber keineswegs aufgegeben und setzen nun auf Donald Trump, der am Montag als 47. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika angelobt wird. "Wir schätzen uns glücklich, dass Präsident Trump angedeutet hat, mit uns an einer Lösung für die Wiederherstellung TikToks zu arbeiten, sobald er sein Amt angetreten hat", informiert die dort funktionsunfähige App in den USA. In den US-App-Stores Googles und Apples ist die App nicht mehr aufzufinden. Sie heißt technisch com.zhiliaoapp.musically, trägt also noch den alten US-Namen TikToks, Musical.ly [2]. Mit VPN-Diensten können US-User derzeit zwar auf TikTok zugreifen, sich dort aber nicht einloggen.
Kehrtwende Trumps
So ändern sich die Zeiten: 2020, als Trump der 45. Präsident der USA war, hat er selbst versucht, TikTok mittels präsidentiellem Erlass zu verbieten. Trumps TikTok-Verbot hat ein Gericht gestoppt [3]. Inzwischen wurde Trump einmal abgewählt, vier Jahre später erneut gewählt. Dazwischen trat der US-Gesetzgeber auf den Plan: Beide US-Parteien beschlossen gemeinsam mit deutlicher Mehrheit ein Gesetz, das TikTok verbietet, wenn es weiter in chinesischer Hand ist. Im Wahlkampf hat Trump plötzlich seine Meinung geändert und begonnen, sich für den Erhalt TikToks in den USA einzusetzen. Den Supreme Court konnte er allerdings nicht für eine Aufhebung des Gesetzes gewinnen.
"Ich habe einen warmen Platz in meinem Herzen für TikTok", sagte Trump im Dezember. Der Mann sah sich insbesondere bei jungen Wählern erfolgreich und schrieb das auch TikTok zu. "Ich habe bei der Jugend mit 34 Punkten Vorsprung gewonnen und es gibt Leute, die sagen, TikTok habe damit etwas zu tun." Tatsächlich lag seine Gegenkandidatin Kamala Harris laut Wahlforschern in dieser Gruppe mit sechs Prozentpunkten vorn.
US-Medien führen Trumps Sinneswandel unter anderem auf große Spenden an Republikanische Wahlkampffonds seitens Jeff Yass zurück. Diesem Milliardär gehören 15 Prozent von ByteDance. Am Samstag hat Trump in einem Telefoninterview mit dem Fernsehsender NBC gesagt, TikTok "höchstwahrscheinlich" eine Betriebserlaubnis für 90 Tage zu gewähren, sobald er sein Amt angetreten hat. Eine direkte Befugnis dazu gewährt das Gesetz (Protecting Americans from Foreign Adversary Controlled Applications Act [4]) dem Präsidenten eigentlich nicht. Vorgesehen ist das nur für den Fall, dass ByteDance echte Schritte auf dem Weg hin zu einem Verkauf vorweisen kann.
Doch versuchen kann er es ja, wie er auch schon das TikTok-Verbot versucht hat. Und Trump kann damit den amtierenden Justizminister verstehen lassen, dass er vorerst die Finger von Tiktoks Dienstleistern lassen soll. Das Gesetz sieht zwar hohe Strafen vor, aber nicht für TikTok, ByteDance oder deren User, sondern für Hoster, App-Stores und ähnliche Dienstleister. Google, Apple & Co. müsste also glaubhaft zugesichert werden, dass sie für ein Zulassen der Apps nicht bestraft werden. "Seien Sie versichert, dass wir daran arbeiten, unseren Dienst in den USA wiederherzustellen", teilen die in den USA offline genommenen ByteDance-Apps mit, "Bleiben Sie dran!"
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Links in diesem Artikel:[1] https://www.heise.de/news/USA-Supreme-Court-bestaetigt-TikTok-Verbot-10247325.html[2] https://www.heise.de/news/Kein-Datenschutz-fuer-Kinder-Millionenstrafe-fuer-Musical-ly-4322211.html[3] https://www.heise.de/news/Warum-TikTok-weitermachen-darf-4914516.html[4] https://www.congress.gov/bill/118th-congress/house-bill/7521/text[5] mailto:ds@heise.de
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